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Zugreifen! Land für 500 Millionen Dollar

■ Die Regierung des Kongo sucht Geld – viel Geld. Alles, was Wert hat, steht zum Verkauf

Brüssel (taz) – Die Reichtümer der Demokratischen Republik Kongo stehen zum Verkauf – für 500 Millionen Dollar. Diese Summe sucht das Regime von Laurent-Désiré Kabila, das finanziell am Ende scheint.

Die Geschichte klingt wie ein schlechter Agententhriller. Der belgische Geschäftsmann Ronald Van Den Bogaert – früher gegen die Mobutu-Diktatur im ehemaligen Zaire aktiv und 1985 sechs Monate lang in Zaire in Haft – wurde im Oktober von einem alten kongolesischen Freund kontaktiert: Jef Kilombo, Aktivist der radikalen Oppositionspartei „Kongolesische Nationalbewegung-Lumumba“ (MNC-L) und zufällig Bruder des heutigen kongolesischen Außenministers Jean-Charles Okoto. Kilombo vertraut seinem belgischen Freund an, er sei von der Regierung des Kongo gebeten worden, beim Anschaffen von 500 Millionen Dollar behilflich zu sein.

Für die 500 Millionen Dollar, sagt Kilombo, biete Kabila alles: Anteile an Bergbaugesellschaften, in Kaffee- oder Teeplantagen, in Transportfirmen und in Banken. Für Van Den Bogaert soll dabei eine Provision von 25 Million Dollar herausspringen. Der kongolesische Botschafter in Belgien, der mit Kabila verwandte Leutnant Emile Kanengele, sei in der Lage, all dies zu bestätigen.

Van Den Bogaert traut seinen Ohren nicht. Er beschließt, Kanengele eine Falle zu stellen. Er besorgt sich ein Abhörmikrophon und trifft sich zwei Mal mit dem Botschafter in einem Brüsseler Hotel, am 27. und am 29. Oktober. Die Gespräche zeichnet er heimlich auf.

Gold, Diamanten, Firmen, Banken...

Am Montag spielte der Belgier auf einer Pressekonferenz die Bänder ab. Mehrere Journalisten erkannten zweifelsfrei die Stimme des kongolesischen Botschafters, der die Reichtümer des Kongo aufzählte: Gold, Diamanten, Kobalt, Kupfer, militärisch nutzbare Mineralien, Tropenholz, Tee, Kaffee, Firmen wie die staatliche Transportgesellschaft. „Es liegt an den Partnern zu sagen, was sie wollen!“ sagte Kanengele und fügte hinzu: „Wir sind bedürftig. Das ist eine gute Geschäftsgelegenheit.“

Die Verzweiflung der Regierung des Kongo hat einen einfachen Grund. Die gegen Kabila kämpfenden Rebellen rücken immer weiter aus dem Osten des Landes in die Diamantenfördergebiete im Zentrum vor. Im regierungskontrollierten Teil des Landes nimmt die Devisenknappheit zu. Das führt zu Benzinknappheit und rasanten Preissteigerungen. In Lubumbashi, Hauptstadt der Südprovinz Katanga, wurden bereits bei Unruhen die Geschäfte im Stadtzentrum geplündert.

Vertragspartner auf den Jungferninseln

Es ist nicht das erste Mal, daß Kabila mit seltsamen Mitteln Geld sucht. Die größte staatliche Bergbaufirma Gécamines hat, wie jetzt bekannt wurde, am 3. September einen Vertrag mit einer Firma auf den Jungferninseln abgeschlossen: Ridgepoint Overseas Development, deren Geschäftsführer niemand anderes ist als der weiße Simbabwer Billy Rautenbach, dem man enge Kontakte zu Simbabwes Präsident Robert Mugabe nachsagt. Ridgepoint soll demnach in einem Joint-venture 80 Prozent der Profite aus der Ausbeutung von drei Minen im südkongolesischen Katanga erhalten: Kabambankola, Kamoya und Shinkolobwe. Das neue Konsortium erhält auch mehrere Veredelungswerke und soll im Gegenzug in ihre Modernisierung investieren. Simbabwe ist militärisch auf Seiten Kabilas im Kongo engagiert.

Merkwürdiges Detail dabei: Kongos Wirtschaftsminister Victor Mpoyo hat den Vertrag zwar unterschrieben – aber im Namen der Partnerfirma Ridgepoint. Für Kongos Regierung unterschrieb „auf Anweisung des Präsidenten der Republik“ der Gouverneur von Katanga, Augustin Katuma Mwanke. Noch merkwürdiger: Gécamines-Direktor Mbaka Kawaya Swana, der den Vertrag ebenfalls unterschrieben hat, wurde am 30. Oktober entlassen und verhaftet. Der Grund: Er sei dafür verantwortlich, daß die ausländische Presse davon erfuhr. Francois Misser

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