■ Lafontaines Kritik an der Geldpolitik der Bundesbank ist berechtigt
: Von den USA lernen

Neu ist die harsche Kritik der Bundesregierung an der Geldpolitik der Deutschen Bundesbank wahrlich nicht. Den ersten massiven Konflikt hatte bereits Adenauer in den fünfziger Jahren mit den Bundesbankern. Auch der „Weltökonom“ Helmut Schmidt hat immer wieder diesen „Staat im Staate“ attackiert. Er mußte schließlich erleben, wie die vor dem Parlament abgeschotteten Geldlenker über ihre Hochzinspolitik Anfang der Achtziger die Konjunktur abwürgten. Der Einfluß dieser monetär verursachten Wirtschaftskrise auf den Verlust seiner Kanzlerschaft ist unbestreitbar. Kritisiert wurde auch die Geldversorgung nach 1990. Der Konjunktureinbruch 1993 war maßgeblich durch die unberechtigten Ängste der Bundesbanker verursacht, die, als Folge der deutschen Einigung, eine Inflation befürchteten.

Der neuerdings mit gesamtwirtschaftlicher Kompetenz ausgestattete Finanzminister Oskar Lafontaine befindet sich mit seiner medienwirksam inszenierten Bundsbanker-Schelte also in bester Gesellschaft. Lafontaine will zudem die Europäische Zentralbank über den Umweg der Bundesbank-Kritik auf die erforderliche Geldpolitik hinweisen.

In der Sache ist seine Kritik an der monetären Sturheit völlig berechtigt. Niemand bezweifelt, daß Geldwertstabilität und Inflationsvermeidung notwendig sind. Ebenso unstrittig ist, daß eine eigenständige Institution über die geldpolitische Komptenz verfügen soll. Aber bei ihren Entscheidungen müssen die Hüter des Geldwertes wissen: Geldpolitik kann das Wirtschaftswachstum und die Beschäftigung belasten. Diese Einsicht hat der Zentralbankrat verdrängt. Seit Jahren konzentriert er sich geradezu monoman auf die Geldwertstabilität. Dabei entpuppt sich die durch ihn bekämpfte Inflation oft als bloßes Gespenst. Die Folge kann der Verlust von Arbeitsplätzen sein.

Derzeit plagt die deutsche Wirtschaft keine Inflation, sondern eher die Deflation. Die monetäre Nachfrage ist zu knapp, um die Produktionsmöglichkeiten auszuschöpfen. Lafontaine fordert daher zu Recht, daß auch die Bundesbank ihren Part bei der Bekämpfung der Arbeitslosigkeit spielen soll. Dabei denkt er an die US-Notenbank, die seit Jahren vorbildlich die Inflationsbekämpfung anstrebt, ohne die Beschäftigung zu vernachlässigen. Es ist richtig, die Senkung der Zinssätze der Bundesbank zu fordern, also jenes Preises, den die Geschäftsbanken für die Beschaffung von Liquidität bei der Bank der Banken zu zahlen haben. Denn die investitionsentscheidenden Zinssätze sind unter Berücksichtigung der effektiven Null-Inflation eben immer noch zu hoch. Rudolf Hickel

Professor für Wirtschaftswissenschaft an der Uni Bremen