Test the rest

■ BSE: Das Embargo gegen britisches Rindfleisch soll aufgehoben werden

Vor drei Jahren fing die damals 22jährige Clare an launisch zu werden, dann verlor sie Gewicht, ihre Hände und Füße verdrehten sich, sie litt unter Heulkrämpfen. Ein gutes Jahr später erkannte sie ihre Angehörigen nicht mehr. Im März dieses Jahres, als ihr Vater ihre Geschichte vor dem britischen BSE-Untersuchungsausschuß erzählt, ist sie blind, fast ständig weggetreten. Bereits 27 Menschen erkrankten an der neuen Variante des Creutzfeldt-Jakob-Syndroms, die aller Wahrscheinlichkeit nach vom Verzehr von BSE-verseuchtem Rindfleisch herrührt. Noch immer werden jeden Tag zehn Fälle von BSE bei Rindern in Großbritannien festgestellt. Trotzdem schickt sich die EU an, das Embargo für britisches Beefsteak aufzuheben.

Zwar ist die Mehrheitsentscheidung des EU-Veterinärausschusses noch nicht die endgültige Entscheidung, doch alles spricht dafür, daß der EU-Agrarrat Ende des Monats den Weg frei macht. Die Voraussetzung hatte die EU-Kommission bereits im Juni geschaffen, und zwar nicht zufällig gegen Ende der britischen Ratspräsidentschaft. Die nun kommende Aufhebung ist ein politisches Zugeständnis an den Premier Tony Blair. Im kommenden Frühjahr schon könnte Großbritannien alle Auflagen erfüllt haben und wieder Rindfleisch in die Supermärkte auf dem Kontinent liefern.

Neun der täglich zehn Rinder, bei denen in Großbritannien offiziell Rinderwahn festgestellt wird, wurden nach dem Verbot der Tiermehlverfütterung geboren. Verseuchtes Tiermehl ist Hauptüberträger für BSE. Wenn die Rinder kein verseuchtes Futter bekamen, woran erkrankten sie dann? Das ist noch immer unklar. Solange die Ansteckungswege nicht restlos geklärt sind, können auch die Auflagen Lücken haben. Ebenfalls unklar ist, ob Fälle wie die von Clare Einzelfälle sind oder der Auftakt einer großen Epidemie.

Warum also nicht den sicheren Weg gehen? Seit ein paar Monaten wird in der Schweiz ein BSE-Test erfolgreich eingesetzt. Es gibt keinen Grund, warum den Briten zur Aufhebung des Embargos kein Test zur Bedingung gemacht wird. Und er sollte überall Vorschrift werden. Das Beispiel Portugal zeigt, wie schnell durch mangelnde Kontrollen BSE wieder ausbrechen kann. Nur per Test kann vermieden werden, daß sich Fälle wie der von Clare eines Tages auch bei uns häufen. Matthias Urbach