Gegen dieses Ergebnis hilft auch kein Zappen mehr

■ Republikaner stellen zum dritten Mal hintereinander die Mehrheit – und haben dennoch verloren

Sie kommen im kleinen Schwarzen und im Anzug mit Stars-and- Stripes-Krawatte. Leger im Sweatshirt sind nur ein paar Junge gekleidet – aber die sehen alle gleich aus, und das soll auch so sein: „Celebrate 98“ haben ist auf ihre roten Pullover gedruckt – so daß die Helfer der republikanischen Wahlparty im Ronald Reagan Building auch gut zu erkennen sind. Hinter dem von „Daimler Benz und der Berliner Bevölkerung“, so so, gespendeten Stück Berliner Mauer, das den Eingang ziert, dröhnen Lautsprecher und heftiges Gemurmel aus dem Saal heraus.

Die Gäste, die in irgendeiner Funktion für die Republikaner arbeiten, tragen dezente rote und blaue Anstecker – die Journalisten hingegen haben große gelbe Warnschilder um den Hals gehängt bekommen, damit sie sich auch ja niemandem unbemerkt nähern können und am Buffet mit Mexican Food gebrandmarkt sind.

Im großen Saal müht sich eine Band, Partystimmung aufkommen zu lassen – das ist ärgerlich, denn so ist gar nicht zu verstehen, was die Moderatoren der Nachrichtensender erzählen, die auf den Großbildschirmen im Saal zu sehen sind. So muß die Band immer wieder unterbrechen – doch was die Gäste erfahren, hebt die Stimmung nicht.

Ein Raunen: Die Sender geben die New Yorker Senatswahl für den republikanischen Senator D'Amato verloren – sein Herausforderer Schumer habe das Rennen gemacht. Aber sie nennen noch keine Zahlen. „D'Amato – den kann man doch gar nicht auszählen“, meint eins der roten Sweatshirts, „aber wenn er wirklich verloren haben sollte, ist das ein Schock.“ „Eine Tragödie“, ergänzt ein anderer, als die Zahlen da sind und nichts mehr zu rütteln ist. „Das haut mich um“, meint ein dritter, aus New York angereist.

Je mehr Ergebnisse eintreffen, desto mehr hat der Mann hinter dem Mischpult zu tun, der Fernsehbild, Ton und Musikkapelle koordiniert. Endlich tritt im Fernsehen George W. Bush auf, der Sohn des letzten republikanischen Präsidenten, der in Texas ein hervorragendes Ergebnis eingefahren hat. Musik aus, Ton laut – aber bevor Bush noch irgendeinen Ton sagen kann, hat CNN bereits auf Charles Schumer übergeblendet, der in New York bestgelaunt bei der demokratischen Wahlparty angelangt ist. Ton aus, zap! CBS hat noch Bush Junior. Beifall im Saal. Ton an, doch was ist das? Auch CBS hat Schumer entdeckt, der sich monstergleich von rechts her über den Bildschirm schiebt. Zap! Zap! Zap! ABC, Fox, wieder CNN – Schumer, Schumer, Schumer! Ton aus, Bildschirm aus, Musik an – Bier holen. Die Republikaner haben es schwer heute abend.

Vor dem Buffet im Nebensaal laufen die Menschen nervös auf und ab und versuchen den Journalisten zu entgehen, jetzt, wo man langsam nicht mehr behaupten kann, es sei noch zu früh, um etwas zu sagen. Ein Schwarzer im Anzug und mit weißen Handschuhen klaubt zerbröselte Nachos mit scharfer Soße vom Teppich, und ein Mittdreißiger, der schon viele blaue Biercoupons zu fünf Dollar das Stück zur Bar getragen hat, spricht kopfschüttelnd von einer „Katastrophe“. Erst als Jeb Bush, der zweite der Bush-Brüder, bei Fox News erscheint, hellt sich sein Gesicht auf: „Ssshatsseguy!“ ruft er, um sich dann einmal die schwere Zunge wegzuschütteln und zu erklären, daß dieser Bush, nicht sein Bruder, der ideale Präsidentschaftskandidat sei. Warum? „Er ist viel konservativer.“ Na ja, und außerdem hat er ein Wahlkampfteam mit lauter Schwarzen, die auf der Bühne in Florida neben ihm stehen, und ist mit einer Mexikanerin verheiratet. Eine prima Mischung also. Spricht's, schüttelt wieder den Kopf und geht sich noch ein Bier holen.

Die Band spielt im Dauereinsatz, unterbrochen noch einmal von Newt Gingrich, der erklärt, wie unglaublich es doch sei, daß die Partei das erste Mal seit siebzig Jahren zum dritten Mal hintereinander die Mehrheit im Repräsentantenhaus stellt. Als nach und nach alle diesen Satz begriffen haben, kommt Beifall auf. So einen Sieg darf man sich schließlich nicht kaputtreden lassen. Bernd Pickert, Washington