Wanderkirchenasyl erreicht Stuttgart

■ Gewerkschaften in Baden-Württemberg unterstützen Flüchtlinge

Köln (taz) – Das Wanderkirchenasyl der 230 Kurden, das bisher auf Nordrhein-Westfalen begrenzt war, dehnt sich jetzt auch auf Baden-Württemberg aus. Gestern hat sich sich die Gruppe der illegalisierten Flüchtlinge nach Stuttgart auf den Weg gemacht, um dort den ersten Brückenkopf zu errichten. Erstmals unterstützen damit auch Gewerkschaften das Wanderkirchenasyl offiziell: Die 16köpfige Delegation aus Nordrhein-Westfalen kommt auf Einladung des IG Medien-Landesverbandes und des Bezirks Stuttgart der Gewerkschaft Handel, Banken und Versicherungen (HBV). Die Kurden sollen zwei Wochen in einer Kirchengemeinde der baden-württembergischen Landeshauptstadt bleiben.

„Wir hoffen, daß von der Aktion ein Signal ausgeht, damit die Bewegung des Wanderkirchenasyls breiter wird“, sagte der IG- Medien-Beauftragte Werner Pfennig. Mit der Flüchtlingsorganisation „Kein Mensch ist illegal“ und der Initiative „Ohne Rüstung leben“ wollen die Gewerkschaften heute den „Stuttgarter Aufruf zur Unterstützung der Kurden im Wanderkirchenasyl“ vorstellen.

„Der Besuch soll die Möglichkeit bieten, die Situation der kurdischen Flüchtlinge in Deutschland, ihre Fluchtgründe und ihren Kampf um ein Bleiberecht bekannter zu machen“, heißt es darin. „Gerade in Baden-Württemberg, dessen Regierung in der Vergangenheit bei der Verschärfung des Asylrechts immer eine Vorreiterrolle spielte, ist es an der Zeit, ein deutliches Zeichen der Solidarität mit den Flüchtlingen zu setzen.“ Öffentliche Aktionen und eine Demonstration in der Stuttgarter Innenstadt sollen dazu beitragen, daß baden-württembergische Kirchengemeinden ihre Zurückhaltung gegenüber dem Wanderkirchenasyl aufgeben und nach zwei Wochen die Flüchtlinge von der katholischen St. Martins-Gemeinde in Stuttgart übernehmen.

Durch die Ausweitung des Wanderkirchenasyls auf ein anderes Bundesland hofft die Kölner Flüchtlingsinitiative „Kein Mensch ist illegal“ auch, daß Bewegung in die verfahrene Situation in Nordrhein-Westfalen kommt. Dort hat die Evangelische Kirche im Rheinland, die sich als Vermittlerin zwischen NRW-Innenministerium und rund 70 asylbietenden Kirchengemeinden eingeschaltet hat, keine substantiellen Verbesserungen für die Kurden erzielt. Das Innenministerium lehnt einen generellen Abschiebestopp für die aus der Türkei Geflüchteten ab und beharrt auf der Einzelfallprüfung. Zudem sollen 77 der 230 Flüchtlinge, die ihre Asylanträge nicht in NRW, sondern in anderen Bundesländern gestellt haben, wieder in diese zurückkehren. Markus Dufner