Kleine Sprünge

■ Viel pneumatisches Getöse um eine sympathische Maschine: Stelarc führte sein Exosceleton vor Von Matthias von Hartz

ine der seltsamen Erfahrungen mit Maschinenperformances ist, daß man immer wieder in einem Assoziationsfeld zwischen tierischen Formen einerseits und Science Fiction andererseits landet. Das Exosceleton sieht also aus wie eine Spinne – und wie eine etwas ältere Marssonde. Entscheidender für diesen Abend ist jedoch, daß es eine sympathische Maschine ist. Sechs große Beine tragen Stelarc auf einer Plattform. Parallel zu seinen Armen laufen Metallstangen entlang, die links die Steuerungseinheit und rechts eine feingliedrige Handverlängerung tragen. Schon als das Exosceleton am Anfang alleine dasteht, ahnt man, daß das jenseits aller Kunst ein tolles Ding sein muß. Mit sechs Beinen von jeweils über einem Meter Länge muß man doch ganz große Sprünge machen können.

Aber es kommt anders. Stelarc wird auf die Plattform gestellt und seine Arme mit den Metallarmen verbunden. Bevor das Exosceleton sich mit einer beeindruckenden Bewegung aus der „Maschinen-Hocke“ aufrichtet, gibt es viel pneumatisches Getöse. Und dann läuft es auf alle erdenklichen Weisen. Mal sieht das eher nach humpeligem Schlittschuhschritt aus, mal fast zackig marschierend, mal so, wie man sich immer Roboterbewegung vorgestellt hatte, bevor man R2D2 in Star Wars gesehen hatte. Doch die Performance hat nichts von Science Fiction. Keinen undurchschaubaren Cyborg hat man da vor sich, sondern eine erstaunliche transparente technische Körperergänzung hat Stelarc zusammen mit den Hamburgern F18 entwickelt.

Etwas Zauber fehlt der Maschine zwar, doch dafür ist Stelarcs Idee des „Interfacing von Körper und Technik“ hier nachvollziehbar. Mit der rechten Hand betätigt er Mikroschalter, die Bewegungsfolgen der Metallhand auslösen, und mit den Bewegungen des linken Armes steuert er die Beine. Begleitet wird jede Bewegung von verstärkten Geräuschen, die direkt an der Maschine abgenommen sind und mit Samples zu Industrial-Soundflächen ergänzt werden.

„Manipulator“ nennt Stelarc seine Armverlängerung, und das trifft es ganz gut, denn diese lange Hand aus feinen metallischen Fingern ist es auch, die in der Performance die größte szenische Kraft hat. Bei aller Technikfaszination bleibt das Bedürfnis nach Kontakt und da ist jede Drehung des Manipulators willkommen, als Zeichen verstanden zu werden. Faszinierend sind die Bewegungen des Exosceleton vor allem dann, wenn man auf den rund um die Lauffläche arrangierten Podesten sitzt. So findet man sich mit dem „Herz der Maschine“ auf Augenhöhe, wird von den Beinen überragt, und die laufen auf einen zu. Viel mehr passiert allerdings nicht. Das begrenzte Bewegungsrepertoire läßt wenig Entwicklung zu, und auf die großen Sprünge wartet man vergebens – dafür allerdings auch darauf, daß einen das Ding anspringt. Sympathisch eben.