Glaube schützt vor dem Dienst an der Waffe

■ Anfang nächsten Jahres treten in Bulgarien und Rumänien Gesetze über Zivildienst in Kraft

Bukarest (taz) – Neun Jahre nach dem Sturz der Diktatur haben Rumänien und Bulgarien einen Zivildienst eingeführt. Wehrdienstverweiger werden ab Anfang nächsten Jahres die Möglichkeit haben, einen Dienst ohne Waffe oder Zivildienst in öffentlichen Einrichtungen zu leisten. Rumänien und Bulgarien haben damit eine seit Jahren unerfüllte Bedingung ihrer Europaratsmitgliedschaft umgesetzt. Sie sind unter den letzten Ländern des ehemaligen Ostblocks, die derartige Regelungen verabschiedet haben. Im Vergleich zu den mittelosteuropäischen Staaten werden in Rumänien und Bulgarien jedoch strengere Bedingungen für den Zivildienst gelten.

In Rumänien hat das Parlament bereits im vergangenen Jahr ein Zivildienstgesetz verabschiedet, das bislang jedoch nicht angewendet wurde. Das rumänische Verteidigungsministerium, unter dessen Kontrolle der Zivildienst steht, stellt derzeit eine Liste öffentlicher Institutionen zusammen, die bereit sind, Zivildienstleistende einzustellen. Wehrpflichtige sollen ab Anfang nächsten Jahres beschäftigt werden können.

Laut der Bestimmungen des Gesetzes können wehrpflichtige Männer den Wehrdienst nur aus religösen Gründen verweigern, und dies auch nur dann, wenn sie einer staatlich anerkannten Religionsgemeinschaft angehören, von der bekannt ist, daß sie den Wehrdienst ablehnt. Der Zivildienst dauert mit 24 Monaten doppelt so lange wie der Wehrdienst. Rumänische Menschen- und Bürgerrechtsorganisationen kritisieren das Zivildienstgesetz deshalb als unzureichend. Sie verlangen, daß in Zukunft auch Gewissens- und andere individuelle Gründe für Wehrdienstverweigerer anerkannt werden, und fordern außerdem, den Zivildienst zu verkürzen. Der rumänische Verteidigungsminister Victor Babiuc gibt zwar zu, daß die gegenwärtigen Regelungen zu restriktiv sind. Offiziere im Verteidigungsministerium stellen jedoch keine kurzfristige Änderung des Gesetzes in Aussicht.

In Bulgarien hat das Parlament Ende vorletzter Woche ein Zivildienstgesetz verabschiedet. Es tritt ab Januar 1999 in Kraft und sieht vor, daß Wehrpflichtige den Dienst in der Armee aus religiösen und Gewissensgründen verweigern können. Das gilt jedoch nur für Friedenszeiten; im Kriegsfalle ist die Möglichkeit des Zivildienstes automatisch außer Kraft gesetzt. Mit 36 Monaten ist der Zivildienst in Bulgarien besonders lang.

Sowohl in Rumänien als auch in Bulgarien liegt die Zahl der potentiellen Wehrdienstverweigerer lediglich bei ein bis zwei Prozent aller Wehrpflichtigen und betrifft in erster Linie Mitglieder von Religionsgemeinschaften wie die Zeugen Jehovas. Aufgrund ihrer geringen Zahl haben Militärbehörden in beiden Ländern Wehrdienstverweiger in den letzten Jahren stillschweigend toleriert. Und die Einziehung der Betreffenden zum Zivildienst war auf einen Termin nach der Verabschiedung eines entsprechenden Gesetzes verschoben worden. Keno Verseck