piwik no script img

Daniela Dahn ist als Richterin unerwünscht

■ PDS droht mit dem Boykott der Brandenburger Verfassungsrichterwahl

Potsdam (taz/dpa) – Einen Tag vor der Neuwahl der Richter am Brandenburgischen Verfassungsgericht hat die SPD-Landtagsfraktion überraschend der PDS-Kandidatin Daniela Dahn die Unterstützung aufgekündigt. Es gebe neue Erkenntnisse darüber, daß sich die Schriftstellerin abfällig über das demokratische System der Bundesrepublik geäußert habe, sagte Fraktionssprecher Ingo Deckert gestern in Potsdam.

In einer neu angesetzten Abstimmung hätten sich fraktionsintern 26 SPD-Abgeordnete gegen und 8 für Dahn ausgesprochen. In der vorigen Woche hatte noch eine klare Mehrheit für die Autorin gestimmt. Den SPD-Abgeordneten werde jetzt freigestellt, wie sie votieren wollen, sagte Decker. Damit kann Dahn kaum noch die nötige Zweidrittelmehrheit im Plenum erreichen.

Außer Dahn hat die PDS-Fraktion noch den Rechtsprofessor Martin Kutscha für das Amt eines Verfassungsrichters vorgeschlagen. Acht der neun Richter sollen heute im Landtag neugewählt und einen Tag später vereidigt werden. Allerdings hatte der PDS-Fraktionsvorsitzende Lothar Bisky beantragt, die Wahl zu verschieben. Dies lehnte der Hauptausschuß des Landtags mit den Stimmen von SPD und CDU ab. Aus diesem Grund überlege die PDS, die Wahl zu boykottieren, sagte Bisky gestern. Die endgültige Entscheidung soll kurz vor der Landtagssitzung fallen. „Wir werden nicht zulassen, daß Daniela Dahn demontiert wird“, sagte Bisky zur taz. Die PDS helfe nicht dabei mit, ein SPD-Parteigericht gegen Dahn durchzuführen. Bisky äußerte sich befremdet über das Vorgehen der SPD. Dahn sei eine renommierte Publizistin und Mitglied des deutschen Schriftstellerverbandes PEN. Ihre Zurückweisung müsse die PDS als Versuch werten, ihre Vorschläge politisch zu zensieren. Bisky wollte noch gestern nachmittag mit Dahn und Kutscha über das weitere Vorgehen beraten.

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen