Intersounds: U-Bahn Jungfernstieg

Die U-Bahn-Station Jungfernstieg gehört zu den größten und wichtigsten in Hamburg. Man kann da rumhängen, in die Snackbar gehen oder die Heftchen im Zeitungsladen durchblättern. Man kann da auf jemanden warten, abgeschirmt vom lebhafteren Treiben der oberen und unteren Räume. Man tritt von der Straße her ein und braucht nicht unbedingt eine U-Bahn zu nehmen und irgendwohin zu fahren. Solche undefinierten, halböffentlichen Übergangszonen gehören zu den endemischen Merkmalen fast jeder modernen Stadtlandschaft. Es gibt keine Annäherung an solche Räume, bis auf das Gefühl, daß jeder ihnen gegenüber ungefähr dasselbse empfindet. In den heftigen Debatten zur Stadtentwicklung tauchen sie kaum auf. Trotz ihrer Allgegenwart werden sie normalerweise weder gesehen noch erinnert.

Und trotzdem sind es genau solche Räume, mit denen sich bestimmte Erinnerungen verknüpfen, wenn auch andere als diejenigen, die ein Verhältnis zu einer Stadt definieren. Ich halte mich oft in diesen Bereichen auf, etwa um schnell einen Kaffee zu trinken oder um jemanden zu treffen oder um zu telefonieren und so weiter. Es spielt keine Rolle. Wenn ich da bin, fallen mir alle möglichen persönlichen Dinge ein. Die Leute wirken an diesen Orten weder besonders glücklich noch besonders unglücklich, eher besorgt, und häufiger noch gelangweilt, mit einem Anflug von Melancholie. Es gibt wenig, was eine Annäherung fordert; und also erfährt man in der teflonbeschichteten Leere dieser Zwischenräume eine Annäherung an sich selbst. Was mir an solchen Ort gefällt, ist folgendes: Man sucht sie nicht auf, um etwas Bestimmtes wiederzufinden, wie etwa beim Besuch einer Sehenswürdigkeit oder wenn man ein Buch in der Bibliothek ausleiht. Die Gedanken, Erinnerungen und Überlegungen kommen von selbst. Oft dauern sie nicht lange, manchmal aber greifen sie tief. Solche Gedanken hatte ich, als ich mir dieses Projekt für Hamburg ausdachte. Ken Lum