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Riesenchaos durch geparkte Luxuskarossen

■ Hauseigentümer in Bahrenfeld vermietet öffentlich geförderte Parkplätze an Autohaus

„Ich glaub', ich bin im Kino“, dachte sich Kathrin Möller, als sie vor kurzem ihre Freundin Yvonne in der neuen Wohnnung nahe der Siedlung „Eislebener Quartier“ in Bahrenfeld besuchen wollte. Bei der Parkplatzsuche verirrte sie sich in die Sackgasse Schmalkaldener Straße. „Ich hab Blut und Wasser geschwitzt, um da im Dunkeln ohne Beulen und Kratzer wieder herauszukommen und niemanden anzukarren.“ Ganze 15 Minuten brauchte die 27jährige Marketing- Assistentin, um ihren Mittelklasse- Passat aus dem Blechkarossengewirr in der Tiefgarage herauszumanövrieren.

Auch die Polizisten, die sie angerufen hatte, staunten nicht schlecht, als sie das Chaos inspizierten. „Unverantwortlich! Wenn da etwas passsiert, kommt keine Feurwehr oder der Rettungswagen nicht durch.“ Dabei sollten die BewohnerInnen des Neubaus „Nr. 18“ laut Vorgaben über einen hauseigenen Garagenparkplatz verfügen.

Weit gefehlt. Das Bezirksamt Altona hatte zwar beim Bau des Gebäudes dem Investor nach Paragraph 48 Bauordnung zur Auflage gemacht, für jede Wohneinheit einen unterirdischen Stellplatz zur Verfügung zu stellen, doch tatsächlich stehen dort derzeit nur neue Edelkarossen des benachbarten Autohauses Opel Dello im Trockenen.

„So einen skurrilen Vorgang haben wir noch nie gehabt“, findet ein Bauprüfer des Bezirksamts Altona: „Doch rechtlich haben wir keine Handhabe.“ Eine Kollegin bringt es auf den Punkt: „Wir haben keine Chance, die Opel-Dello-Wagen aus der Garage zu kriegen.“

Denn so lange nicht alle Stellplätze von MieterInnen beansprucht werden, kann der Hauseigentümer die Plätze auch anderweitig – sprich an Dello – vermieten. Und den meisten MieterInnen ist der Stellplatz in der Tiefgarage für mindestens 140 Mark einfach zu teuer.

Die Baubehörde hat jetzt den Fall an sich gezogen und wird den Vorgang nochmals prüfen. Wenn nämlich der Investor beim Neubau Geld der Wohnungsbaukreditanstalt in Anspruch genommen hat, kann die Baubehörde durchaus ihren Einfluß geltend machen: „Wir fördern doch keine Stellplätze für ein Autohaus“, ist aus der Behörde zu hören. Gleichzeitig lautet der Appell an die Mieter, sich doch einen der Tiefgaragenplätze anzumieten. „Autofahren ist eben teuer“, so ein Insiderhinweis. Denn wenn dieses Beispiel Schule macht und Umwandlungskönig Jörg Nelte bei seinem benachbarten und bezugsfertigen Großprojekt „Eislebener Quartier“ ebenfalls diesen Trick anwendet, so ein fürchtet Anwohner, „ist das Chaos hier perfekt“. Kai von Appen

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