piwik no script img

■ QuerspalteCameraria ohridella

Wenn es Ärger gibt in der Gegend, die man früher Jugoslawien nannte, weiß die zivilisierte Welt normalerweise Rat und schickt Blauhelme rüber oder läßt Flugzeuge über der schon leicht verbrannten Balkanerde kreisen. Die größte Gefahr von dort haben die Krisen-Zampanos jedoch nicht aufhalten können. Nein, gemeint sind nicht die Kosovo-Albaner, die unseren deutschen Zuhältern ihre Arbeitgeberplätze wegnehmen. Der Feind heißt vielmehr Cameraria ohridella, zu deutsch: Kastanienminiermotte.

Fünf Millimeter lang sind diese fiesen Tiere, die 1985 am Ohridsee in Makedonien entdeckt wurden. Seit einigen Jahren schon fallen sie hierzulande über die Roßkastanie her. Den balkanischen Killerinsekten mit den ockerfarbenen Flügeln scheint zu gelingen, was der saure Regen nicht schaffte: den liebsten Zierbaum der Deutschen existentiell zu gefährden.

Von der Front berichtet die Welt: Inzwischen sind Bäume in ganz Bayern befallen. In diesem Jahr hat der Schädling Nordrhein-Westfalen erreicht. In Bonn sind einzelne Stadtteile betroffen. Auch vor der SPD-Zentrale, dem Ollenhauer- Haus, zeigten einige Kastanien Folgen des Befalls.“ Unsere Sozis bald ohne Kastanien – ein kräftiger Schock in diesen ersten Wechselwochen! Und Otto Schily tut nicht einmal etwas gegen das zerstörerische Treiben der Zuwanderer vor der Haustür der Partei. Glaubt er so etwa, seinen Ruf als moderner Gustav Noske rechtfertigen zu können?

Als „blinde Passagiere“ in Lkws seien die Kastanienmotten „eingeschleppt“ worden, erfahren wir von einem Münchner Zoologen. „Eingeschleppt“ – die Wortwahl ist alarmierend: Da waren Schleuserbanden im Spiel, wie bei vielen Asylbewerbern. Daß sich die Situation bessert, ist nicht absehbar, denn die Kastanienmörder haben kaum Feinde in der Natur. Und es dauert noch ein Vierteljahr, bis die Entomologische Gesellschaft in München eine Expertentagung zum Thema veranstaltet. Doch vielleicht ist das Schicksal der deutschen Roßkastanie dann schon besiegelt. René Martens

Links lesen, Rechts bekämpfen

Gerade jetzt, wo der Rechtsextremismus weiter erstarkt, braucht es Zusammenhalt und Solidarität. Auch und vor allem mit den Menschen, die sich vor Ort für eine starke Zivilgesellschaft einsetzen. Die taz kooperiert deshalb mit Polylux. Das Netzwerk engagiert sich seit 2018 gegen den Rechtsruck in Ostdeutschland und unterstützt Projekte, die sich für Demokratie und Toleranz einsetzen. Eine offene Gesellschaft braucht guten, frei zugänglichen Journalismus – und zivilgesellschaftliches Engagement. Finden Sie auch? Dann machen Sie mit und unterstützen Sie unsere Aktion. Noch bis zum 31. Oktober gehen 50 Prozent aller Einnahmen aus den Anmeldungen bei taz zahl ich an das Netzwerk gegen Rechts. In Zeiten wie diesen brauchen alle, die für eine offene Gesellschaft eintreten, unsere Unterstützung. Sind Sie dabei? Jetzt unterstützen