: Banken-Showdown bleibt aus
■ Russische Regierung will verschuldeten Banken beispringen, aber nur den tragenden
Moskau (taz) – Aufgeschoben wurde diese Woche der erwartete Showdown zwischen russischen und westlichen Banken – aber noch nicht aufgehoben. Am vergangenen Sonntag endete ein 90tägiges Moratorium, das die russische Regierung über die Rückzahlung von Auslandsschulden russischer Banken verhängt hatte. Die russischen Kreditinstitute können nun für nicht termingemäß zurückgezahlte Schulden weltweit gerichtlich zur Verantwortung gezogen werden. Experten schätzen aber, daß Pfändungsklagen der Gläubiger vorerst die Ausnahmen bilden werden. Die russische Zentralbank erklärte ihre Bereitschaft, in einigen Fällen als Retterin einzuspringen.
Schätzungen der Gesamthöhe der Auslandsschulden russischer Banken belaufen sich auf bis zu dreißig Milliarden Dollar. Die Summe der dringend fälligen Rückzahlungen der sehr kurzfristigen Kredite, sogenannter Forward-Kontrakte, zeichnet sich inzwischen endgültig ab: sechs Milliarden Dollar. Daß ihre russischen Partner wenigstens dieses Geld flüssig machen könnten, wird von den westlichen Banken vermutet.
Den Moskauer Medien zufolge haben einige der westlichen Gläubigerbanken schon die internationale Wirtschaftsdetektei „Kroll Associates“ beauftragt, um die versteckten Aktiva russischer Banken im Ausland aufzuspüren. Kroll Associates hat diese Gerüchte nicht dementiert.
Unterdessen beantragten schon mal die Deutsche Bank und die Investmentfirma Lehman Brothers in London die Pfändung der Besitztümer der russischen Mammut- Kreditinstitute Inkombank und Uneximbank.
Diesen beiden unglücklichen Großbanken stehen drei „glückliche“ gegenüber: SBS-Agro, Most und Menatep. Zentralbankchef Viktor Geraschtschenko nannte sie namentlich am Dienstag im Haushaltsausschuß der Duma, als er die Bereitschaft der Zentralbank erklärte, achtzehn sogenannten „strukturbildenden“ Banken aus ihrem Schuldenberg herauszuhelfen.
Weitere sechshundert Banken können sich nach Meinung der Zentralbank selbst am Schopf aus dem Sumpf ziehen. 720 russische Banken – etwa die Hälfte aller Kreditinstitute des Landes – gelten ohnehin als hoffnungslose Fälle.
Wer sind nun, außer den drei von Geraschtschenko genannnten, jene Stützen des russischen Finanzwesens, denen geholfen werden muß, weil sie bei ihrem Niedergang die gesamte Gesellschaft mit sich zögen? Das letzte Wort bei ihrer Auswahl soll, so der Zentralbankchef, in den Regionen von den dortigen Machthabern gesprochen werden. Über diesen Vorschlag waren die Deputierten so begeistert, daß sie ganz zu fragen vergaßen, woher die Zentralbank denn eigentlich die Mittel für die Rettungsaktion nehmen will. Barbara Kerneck
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen