Die ungleichen Fußballbrüder

■ Der eine managt seinen Bundesligisten überaus erfolgreich, der andere hat es schwer: Uli (FC Bayern München) und Dieter Hoeneß (Hertha BSC). Heute sehen sich beide - auf dem Rasen

Uli Hoeneß kommt in die Stadt, in der sein Bruder Dieter lebt. Der Manager des Fußballbundesligisten FC Bayern München bringt gleich ein hemdsärmeliges Angebot mit. „Ich wette eine Flasche Champagner“, tönte Uli Hoeneß in der aktuellen Ausgabe des Kicker, „daß wir nicht mit so deutlichem Abstand Meister werden.“

Solch verwirrende Wetten hat Ulis Bruder und Berufskollege Dieter, der sein Geld beim heutigen Bayern-Gegner Hertha BSC verdient, nicht im Angebot.

Dieters Hertha liegt zwar auf Platz acht, was immerhin zum Wetten um Nichtabstiegs-Schampus motivieren könnte, und auch die Aussicht auf eine eventuelle erste Uefa-Cup-Teilnahme seit mehr als zwanzig Jahren könnte Anlaß zu Glücksspielen sein. Auch im Arbeitsbereich von Manager Dieter könnte man Wetten anbieten: Schafft er es endlich, einen Stürmer zu verpflichten, und wenn ja, wo kauft er ihn? „Man kann solche Spieler leider nicht von der Stange kaufen“, sagt Dieter Hoeneß. „Natürlich gibt es die nicht beim Zuckerbäcker“, kontert Hoeneß' Gegenspieler im Verein, Robert Schwan, der auf seine alten Tage dem Aufsichtsrat von Hertha BSC vorsitzt und allen auf die Nerven fällt. In seinen besseren Tagen war er ausgerechnet Vorgänger von Uli Hoeneß im Amt des Bayern- Managers.

Nicht nur die Frage, ob Dieter beim Zuckerbäcker oder bei C&A einkaufen soll, ist unbeantwortet. Auch wieviel Geld er hat, weiß man bei Hertha so genau nicht. „Das mit den zehn Millionen Mark war nur ein Mißverständnis“, erklärte Dieter Hoeneß Anfang der Woche im Kicker zu kursierenden Gerüchten, „es sind nur fünf“. Am gleichen Tag konterte Schwan im Tagesspiegel: „Natürlich sind es zehn.“

All diese Querelen kann sich Uli von Dieter erzählen lassen, und Uli wird dann dem Dieter sicher auch einen Rat geben können. Denn der Aufstieg des FC Bayern von einem der sportlich erfolgreichsten Vereine zu einem, der obendrein mit modernsten Managementmethoden geführt wird, ist mit dem Amtsantritt von Uli Hoeneß im Jahr 1979 verbunden.

Damit endlich bei Bayern gut gewirtschaftet wurde, mußte Uli damals eben jenen Robert Schwan beerben, der über seine Doppelfunktion als Manager des Clubs und des größten Stars des Clubs, Franz Beckenbauer, gestolpert war.

Hoeneß, also Uli, war bei Bayern so erfolgreich, weil Robert Schwan den Club verlassen hatte. Und Hoeneß, also Dieter, hat bei Hertha seine Probleme, weil Robert Schwan ihm vorgesetzt wurde. Diese Beschneidung der Managermacht hat Dieter dem Hauptsponsor des Vereins, dem TV-Rechteverwerter Ufa, zu verdanken.

Ziemlich verzwickt ist das, worüber sich die Managerbrüder unterhalten könnten. Dieter könnte zum Beispiel stolz seinem Bruder von seinem neuesten Deal berichten: Für 24 Millionen Mark will der Sportartikelhersteller Nike in den nächsten vier Jahren bei Hertha als Trikotsponsor auftreten; sechs Millionen pro Saison also. Der FC Bayern, dürfte Uli dann erwidern, erhält zur Zeit pro Jahr 15 Millionen von adidas und hat erst im letzten Jahr ein 20-Millionen-Angebot von Nike ausgeschlagen.

Die Unterschiede zwischen den von den Hoeneß-Jungs gemanagten Vereinen überlagern die Gemeinsamkeiten deutlich. Uli sorgt seit Jahren dafür, daß sein FC Bayern nicht in die Abhängigkeit eines Sponsors gerät, sondern faktisch selbst zu einem Konzern wird. Niemand betreibt das Merchandisinggeschäft mit Bayern-Schals und Bayern-Kondomen so effektiv wie er. Zwar sind zur Zeit die Pläne, ein eigenes Stadion zu bauen, auf Eis gelegt, aber von der Idee eines eigenen Bayern-Fernsehsenders will Hoeneß, also Uli, immer noch nicht lassen.

Hertha BSC hingegen ist fest in der Hand des Sponsors Ufa. Der Aufsichtsratsvorsitzende Robert Schwan übernahm diesen Job auf persönlichen Wunsch seines Vorgängers, des Ufa-Vorstandsvorsitzenden Rolf Schmidt-Holz, wie auch beinahe jeder Aschenbecher in der Geschäftsstelle im Sportforum nahe dem Olympiastadion aus Ufa-Geldern angeschafft wurde.

Und dann gibt es noch einen Berührungspunkt jenseits der Managerverwandtschaft und des Herrn Schwan: Hertha BSC muß, nach dem Willen der Ufa, nach zuletzt drei Niederlagen in Folge nicht nur heute punkten, sondern auch gewinnen. Der FC Bayern hingegen ist der einzige Club in der gegenwärtigen Fußballbundesliga, der sich eine Niederlage in Berlin leisten könnte.

Und dann würde Uli von Dieter auch eine Flasche Champagner bekommen. Martin Krauß