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Danke für ein schönes Geschenk

Nach dem glücklichen 1:0 über Bayern können die Hertha-Verantwortlichen etwas entspannen – in München darf man dafür das eine oder andere problematisieren  ■ Aus Berlin Peter Unfried

Der freundliche ältere Mann mit den roten Bäckchen stand in der klirrenden Kälte und machte den Sack auf. Man sei „ja in der vorweihnachtlichen Zeit“, sprach er mit besinnlicher Stimme, folglich habe man das 0:1 der Bayern zu verstehen als „ein Geschenk für Hertha und die Bundesliga“.

Danke, Lothar Matthäus (37). Dank von der Liga. Dank auch von Herthas Führungskräften, die nach zuletzt drei Niederlagen deutlich entspannter in die heutige Mitgliederversammlung gehen können, welche sich mit Abwahlanträgen, unter anderem gegen den Aufsichtsratsvorsitzenden Robert Schwan beschäftigen darf.

Wie Hertha sich das Präsent verdiente? Das Team brauchte Glück und Verstand – von ersterem vielleicht etwas mehr. Im wesentlichen hatte Jürgen Röber nach Manndecker Dick van Buriks umstrittenem Gelb-Rot für Stürmer Tchami Hartmann gebracht und zu Daii gestellt und Libero Rekdal vor die Abwehr geschickt. Das reichte gegen das effenbergfreie Bayern-Angriffsspiel.

Daß Hertha extrem vorsichtig seinen derzeit etwas freudlosen Fußball arbeitete? „Gegen solche Mannschaften“, sagt Röber, „kann man nicht nach vorne spielen.“ Ein Partner für Preetz würde nicht schaden, er muß eben nur, sagt Manager Dieter Hoeneß, eine „Qualität haben, die uns weiterbringt“. Also „eine Rakete“ (Röber) sein oder wenigstens „besser als Tchami“. In Berlin, klagt der Trainer, werde „immer alles gleich in Frage gestellt“. Sein Bleiben nicht. Röber hat zuletzt zweimal mit seinem derzeitigen Ex-Kritiker Schwan telefoniert. Ergebnis: „Keine Probleme.“ Die haben die Bayern auch nicht. Oder doch, nachdem die Aktion Entlastung duch Personalwechsel vor dem Champions-League-Spiel gegen Bröndby nicht so reibungslos klappte, wie es möglich war. „Wir haben uns selbst geschlagen“, analysierte Trainer Ottmar Hitzfeld. Wie? Indem man nach planmäßig kontrollierter Stunde und einigen vergebenen Chancen die Überzahl nicht ausspielte, sondern durch „dilettantisches Abwehrverhalten“ (Hitzfeld) sogar Preetz' 1:0 und damit die zweite Saisonniederlage hinnehmen mußte.

Damit gibt man anderen die Chance, auf das ein oder andere hinzuweisen, etwa die bedenkliche mentale Verfassung des Keepers Kahn, die Probleme von Basler einer-, die Unbalanciertheit ohne ihn und Strunz rechts draußen andererseits. Nicht zu vergessen die Abhängigkeit von Effenberg. War sein Fehlen nicht zu kompensieren? Die Bäckchen des freundlichen älteren Mannes schienen füreinen Moment an Röte zu gewinnen. Doch plötzlich wirkte er gar nicht mehr besinnlich. „Das wird jetzt wahrscheinlich wieder so gesehen“, murrte Matthäus. Wahrscheinlich. Genau so sah das nämlich auch aus.

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