„Mobbing“-Problem gelöst

■ Kündigungsprozeß endet mit gütlicher Einigung / Altenpfleger der Heimstiftung geht freiwillig, sagt nichts und bekommt dafür eine saftige Abfindung in unbekannter Höhe

Der Saal 2 im Landesarbeitsgericht Bremen konnte nicht alle Zuhörer fassen, die der Entscheidung über die berufliche Zukunft des Altenpflegers Gerd-Rolf Rosenberger beiwohnen wollten. Das Gericht sollte klären, ob der ehemalige Mitarbeiter des Altenheims „Haus Blumenkamp“ zurecht abgemahnt und gekündigt worden war, oder ob er von seinem Arbeitgeber systematisch aus seinem Job als Nachtwache „herausgemobbt“ wurde. Hinter verschlossenen Türen einigten sich die Konfliktparteien darauf, daß Rosenberger eine Abfindung in unbekannter Höhe erhalten wird und freiwillig geht.

Die Einigung beendet einen eineinhalbjährigen Konflikt zwischen Rosenberger und seinem Arbeitgeber, in dem drei Abmahnungen und ebensoviele Kündigungen ausgesprochen worden waren. Rosenberger wollte sich so manchem althergebrachten Pflegekonzept in dem Altenheim „Haus Blumenkamp“ der Bremer Heimpflege, ein Tochterunternehmen der Heimstiftung, nicht beugen. An der Abschaffung von Psychopharmaka in der Altenpflege war Rosenberger aktiv beteiligt, als Gewerkschaftler setzte er sich für eine Aufstockung des Personals ein. Mit einer Kollegin rief er schließlich ein „Nachtcafe“ für die Bewohner im „Haus Blumenkamp“ ins Leben. Schlaflose Senioren bekamen dort auch zu mitternächtlicher Stunde noch eine Tasse Tee, bis sie wieder ins Bett gehen wollten.

Eine neu eingesetzte Heimleitung hatte Sorge um die umherwandelnden Alten – sie könnten stürzen, war die Angst. Rosenberger verteidigte das Konzept des Nachtcafes gegen die Vorgesetzten. Im Dezember 1996 begann eine Abmahnungsorgie. Innerhalb eines halben Jahres flatterten dem Altenpfleger drei Zurechtweisungen der Vorgesetzten ins Haus. Wiederholt wurden ihm Pflegefehler vorgeworfen, auch eine solidarische Kollegin bekam drei Abmahnungen. Zusammen hatten die beiden 32 Dienstjahre hinter sich.

Der Konflikt eskalierte, als im April 1997 zwei regelmäßige Besucherinnen des Nachtcafes hilflos in ihren Betten gefunden wurden – ein Pfleger hatte sie mit einer Wolldecke fixiert und somit am Besuch des Cafes gehindert. Rosenberger deckte den Skandal auf und forderte Konsequenzen. Nach einer Diskussion zwischen Heimleitung und Rosenberger kam die erste Kündigung. Ein Hausverbot für Rosenberger wurde verhängt.

Vor dem Arbeitsgericht bekam Rosenberger einige Monate später Recht – doch ein paar Tage später kam die nächste Kündigung ins Haus geflattert, diesmal wegen Störung des Betriebsfriedens. Auf dem Gerichtsflur habe er über seine Vorgesetzten als „Verräter“ geredet. Eine letzte Kündigung wurde im Oktober 1998 ausgesprochen.

Der Konflikt spaltete die Belegschaft. Unterschriften für und gegen Rosenbergers Weiterbeschäftigung machten die Runde. Auch der Betriebsrat war gespalten: Die ÖTV-Mitglieder standen zu Rosenberger, die DAG-Vertreter zu der Argumentation der Vorgesetzten. Die DAG war in der Mehrheit. Doch Rosenberger gab nicht auf.

Vor dem Landesarbeitsgericht wurde nur die Rechtmäßigkeit der ersten Kündigung verhandelt. Selbst wenn Rosenberger den Prozeß gewonnen hätte, müßte er im nächsten Moment wieder vor Gericht, um sich gegen die weiteren Kündigungen zu wehren. Daß es jetzt zu einer Einigung gekommen ist, macht ihn „sehr glücklich“, auch wenn ein „bitterer Beigeschmack“ bleibe. Mehr will weder der Angestellte noch der ehemalige Arbeitgeber sagen: Man habe sich darauf geeinigt, kein öffentliches Wort mehr zu dem Arbeitsstreit zu sagen.

Christoph Dowe