Pat und Patachon am Drücker

■ Obwohl sie erst eine Handvoll Stücke geschrieben haben, gelten die Wiener Produzenten Kruder&Dorfmeister als Popstars

Eigentlich hatte man endlich ein Album erwartet. Ein eigenes. Denn wie bei kaum einer anderen Formation verhält sich die Produktivität von Kruder&Dorfmeister in umgekehrt proportionalem Verhältnis zu ihrer Popularität. Gerade mal eine handvoll Tracks haben sie bisher selbst verfaßt, und doch füllt das Wiener Produzenten-Duo inzwischen spielend jeden Club. Trotz ihres kuriosen Namens und gepfefferter Eintrittspreise. Und obwohl – abgesehen von Richard Dorfmeisters Nebenprojekt Tosca – gerade mal vier Stücke auf G-Stoned und ein oder zwei Maxis aus ihrer Feder stammen.

Da ist es beinahe schon eine ironische Geste, wenn die beiden Dancefloor-Produzenten in guter alter Songwriter-Tradition ihre bürgerlichen Namen beibehalten und sich ziemlich überzeugt von der eigenen Konsensfähigkeit wie einst Simon&Garfunkel für Bookends im Park ablichten lassen. Herr Kruder und Herr Dorfmeister kennen sich aus mit den heißen Zeichen der Popkultur.

Angefangen hat alles 1993 im Wohnzimmer von Peter Kruder, wo die beiden, so die Legende, in einer durchrauchten Nacht G-Stoned aufnahmen. Ausgerechnet im popkulturellen Niemandsland Österreich enstand diese kleine Reformulierung von Acid Jazz im Geist von Dub. Klar, in Wien fuhrwerkte das Cheap-Label und Patrick Pulsinger machte schon in Minimal Techno, aber von einer Szene, schon gar nicht von einer tragfähigen, konnte keine Rede sein. Obwohl sie früher mit Pulsinger, der neben dem Studio ihrer alten Band Dr. Moreaus Creatures wohnte, ziemlich viel herumhingen, kam es bisher noch zu keiner Zusammenarbeit. Jeder macht in Wien ganz gelassen sein Ding.

Und Kruder&Dorfmeister machen am liebsten eh nicht allzuviel. Gelegentlich nimmt das Duo, das wie Pat und Patachon immer zusammen auftaucht, einen gut dotierten Remix-Auftrag an. Dann hört man wieder nichts von ihnen. Alle paar Jahre werden diese Überarbeitungen zusammengefaßt und beim Berliner Mini-Label Studio K7 in dessen DJ Kicks-Reihe oder wie kürzlich als The K&D Sessions veröffentlicht.

„Diese attitude, Sachen total zu zerlegen, umzudrehen und neu einzusetzen“, findet Peter Kruder einfach „cool“. Dabei gelten sie als erbarmungslose Perfektionisten, die sich jeden Stil einverleiben. Mit dem Original hat das dann reichlich wenig zu tun. Ob sie sich Depeche Modes „Useless“ in wochenlanger Arbeit zur Brust nehmen oder die österreichischen B-Liga-HipHopper Aphrodelics – alles klingt am Ende vor allem nach Kruder& Dorfmeister.

Was – neben einer Reduzierung auf wenige Effekte und dem Einsatz von reichlich Hall – ihren Sound ausmacht, ist dabei schwer zu sagen. Vielleicht ist es ein bestimmtes Tempo, ein Timing im Sample-Einsatz, das den beiden charmanten Kifferbrüdern so leicht keiner nachmacht. Darüber wird es beinahe nebensächlich, daß sie erst ein paar Stücke selbst geschrieben haben.

Volker Marquardt

featuring MC Sugar B: Do, 3. Dezember, 22 Uhr, Mojo