"Bayern blockiert"

■ Schleswig-Holsteins Ministerpräsidentin Simonis über den Länderstreit um Rundfunkgesetze

In Potsdam beginnt heute die Tagung der Länderministerpräsidenten. Dort geht es u.a. um den Streit über die Rundfunkstaatsvertragsnovelle. Kanzleramtschef Hombach schickte den Länderchefs letzte Woche einen Beschwerdebrief: Wegen des Streits drohe Deutschland ein Verfahren der EU.

taz: Herr Hombach drängt, kriegen Sie vielleicht doch noch einen Rundfunkstaatsvertrag hin?

Heide Simonis: Das geht den Herrn Hombach erst mal gar nichts an. Das müssen nun wir Länder untereinander in Ordnung bringen.

Woran liegt's denn?

An den Bayern. Die wollen eine eigentlich harmlose Gesetzgebung, bei der wir uns weitgehend einig sind, wieder mit ARD-Strukturfragen verbinden, die jetzt gar nicht dran sind. Herrn Stoibers Taktik ist, seine Probleme so lange vorzubringen, bis man zerstört auf dem Fußboden liegt.

Alle sind einig außer Stoiber?

Weitgehend ja. Alle wissen, daß es unklug ist, jetzt nicht fertig zu werden. Wenn wir unsere Hausaufgaben gegenüber der EU nicht machen, werden wir für all die Versuche aus der EU-Kommission angreifbar, die Medienfragen gegen unsere Interessen zu regeln.

Reicht Ihnen der neue Brief des ARD-Vorsitzenden zur ARD- Struktur?

Der läßt mir noch zu vieles offen. Ich bin aber jetzt gegen die Vermengung von ARD-Struktur und Staatsvertrag.

Die haben Sie mit Ihren Kollegen doch selbst vorgenommen.

Aber erst im nächsten Staatsvertrag.

Sie haben zur Medienkontrolle das neue Gremium KEK geschaffen. Doch richtig schlagkräftig sind die bislang nicht.

Die haben sich ein wenig dazu verführen lassen, sehr detailliert vorzugehen. Wir wollten aber eigentlich, daß so eine Einheit ganz schnell ist und uns Informationen über Medienkonzentration gibt. Es muß einfach schneller gehen.

Nun gibt's auch unter den SPD- Ländern Zoff: Sie selbst wollen in den mächtigen ZDF-Verwaltungsrat, Saar-Ministerpräsident Klimmt will das als Nachfolger Oskar Lafontaines auch.

Ich glaube, daß uns das Amt jetzt wieder zusteht. Früher hatte es Björn Engholm. Der hat es nur später an Lafontaine abgegeben, weil der Parteichef in das Gremium sollte. Das kann er jetzt aber nicht mehr, weil es ein Ländervertreter sein muß. Nun wollen wir's wiederhaben. Ich ärgere mich über die Großmütigkeit, mit der darüber hinweggegangen wird, daß es auch Frauen gibt. Das geht nach dem Motto: Wir haben hier noch einen netten Kumpel, der soll das auch kriegen.

Wie wär's, wenn die neue Mehrheit den Parteieneinfluß im öffentlich-rechtlichen Rundfunk vermindert, anstatt ihn umzudrehen?

Wir haben jahrelang geduldig ertragen, daß eine andere Partei diesen Einfluß freimütig genutzt hat. Nachdem gerade das ZDF ja fast schon ein freiwilliges Mitglied der CDU war, finde ich, jetzt darf auch mal eine andere Partei ran. Irgendwann einmal wäre es dann vernünftig, man würde die Besten da hereinnehmen und nicht die, die der richtigen Partei angehören. Interview: Lutz Meier