Gefährliche Liebschaft mit Dichter

■ Hölderlin als Hauslehrer und das Überschießen großer Gefühle: Nina Grosses Film „Der Feuerreiter“ verspielt sich ans Klischee

Dichter sind – glaubt man dem Klischee – die sensibleren Menschen. Sie leben exemplarische Leben voller Leidenschaft, und wenn dann noch das Genie ins Spiel kommt, hört man den Wahnsinn trapsen: Wer richtig liebt, hat anständig zu leiden. So, als originäres Genie für uns alle, ist Friedrich Hölderlin in Nina Grosses Film „Der Feuerreiter“ zugerichtet, geschaffen als Projektionsfläche für die Sehnsucht nach dem großen Gefühl. „Um die ganze Figur Hölderlin schwingt“, so meint die Regisseurin, „eine Passion, eine unbedingte Hingabe ans Leben, von der mir scheint, als hätten wir heutigen Menschen sie verloren.“

Na ja. Im Kino jedenfalls gibt es keinen Mangel an derartigen Gefühlen, wie sie der „Feuerreiter“ mehr behauptet als einlöst, und so ist diese Hölderlin-Indienstnahme nur eine Jahrhundertliebe mehr. Hölderlin (Martin Feifel) kommt als Hauslehrer zur Familie Gontard nach Frankfurt und verliebt sich dort dichtergemäß unsterblich in die Herrin, Susette Gontard (Marianne Denicourt). Die Signallampen blinken von Anfang an überdeutlich, etwa wenn Hölderlin in der ersten Unterrichtsstunde für den kleinen Henry (Matthias Faber) und in Anwesenheit des spröden Gatten (Ulrich Mühe) den Orpheus-Mythos erzählt und mit der Bemerkung schließt: „Die Liebe kennt keinen Tod.“ Worauf die leicht dümmliche Susette heftig zu kichern beginnt. Gibt es Gründe, warum ein Genie diese und nicht jene so schicksalhaft liebt? Und daß dann doch wieder nur der Quickie vor der Brokattapete dabei rauskommt? Sind Genies so banal?

Bei den Gontards aufgenommen wurde Hölderlin auf Empfehlung seines Freundes Isaac von Sinclair (Ulrich Matthes). Die beiden Freunde verbindet eine sublime homoerotische Beziehung, was die Situation, als Sinclair Hölderlins Gefühle für Susette entdeckt, noch zusätzlich kompliziert. Hier, in dieser Ménage à trois, einer Art gefährliche Liebschaften mit Dichter, hat der Film dank hervorragender Schauspieler die besten Momente, verspielt sie aber immer wieder ans Klischee. Gänzlich unerträglich dann Hölderlins Wahnsinn nach dem Tod der Geliebten. Da irrt er grölend durch die Gassen, trägt statt weißem Leinenhemd ein buntes Narrenjöppchen und kippelt arg ins Kaspar-Hauserhafte. Jörg Magenau

„Der Feuerreiter“. Regie: Nina Grosse. Mit Martin Feifel, Marianne Denicourt, Ulrich Mühe. Deutschland1998, 130 Min.