Kriminalgeschichte der Doofheit

■ Warum lange suchen, wenn es das Original gibt: Matthias Beltz amüsiert bitter-klug mit „Notschlachten – Die 7 Weltverbrechen“

Ein treudummes Grinsen mit einem Hauch von Mißtrauen in den Augenbrauen: Eine überzeugendere Parodie des gutmütigen Durchschnittstrottels als den Mann mit der braunbunten Strickjacke kann man lange suchen. Man kann sich die Suche aber auch sparen, denn es gibt ja das Original. Es heißt Matthias Beltz, und in der Steigerungsform wird es Beltz live genannt.

Groß vorstellen braucht man den hessischen Entertainer in der Tat nicht mehr. Den Beruf des Kabarettisten übt der 53jährige seit 21 Jahren aus, und seine Funk- und Fernsehpräsenz ist groß genug. Nun ist er mit seinem neuen Bühnenprogramm in den Kammerspielen zu Gast und zeigt, wie professionelles Kabarett sein muß: amüsant. Denn Notschlachten – Die 7 Weltverbrechen bietet trotz des martialischen Namens einen netten, unterhaltsamen Abend, an dem Plaudertasche Beltz die Weltgeschichte der Kriminalität aus dem Nähkästchen zieht und alles mitnimmt, was sonst noch so herausfällt.

Thematisch ist das Programm konsequent aufbereitet; der Bogen reicht vom Sündenfall bis zum Stammtisch der Kommunalrassisten und nimmt den Henker von Maria Stuart genauso mit wie „Reichsrückführer“ Herzog – das Verbrechen hat viele Namen, und Beltz hat eine ausgewogene Auswahl zum Pieken getroffen. Manchmal schlüpft er dazu in die Rolle des Justizwachtmeisters Kwiatkowski, was ihm die Aufbereitung volkstümlicher Xenophobien, etwa in Form von Polenwitzen, ermöglicht. Die Figur wirft er aber oft und ohne viel Federlesens über den Jordan, wird zum Schröder, Sportreporter oder Prediger, und immer wieder einfach zum Beltz.

Das aufgefahrene humoristische Repertoire ist breit, das Tempo wohlkalkuliert: Parodien, Witze, Wortspiele, Gedichte und Kalauer wechseln sich ab, vieles wird genuschelt oder beiläufig abgehakt, die Übergänge sind fließend und ohne Paukenschläge. Allzu tief sticht Beltz meist nicht zu: Daß die Schlange aus dem Paradies das Gesicht von Alfred Biolek tragen soll, ist einer der vielen versöhnlicheren Scherze. Daß die Ökosteuerreform auch beim Metzger nicht funktioniert, einer der durchsichtigeren. Soll es aber wirklich bitter werden, kann der Kabarettist auch auf den Lacheffekt verzichten und trägt einfach vor. Wenn die Frankfurter Bürgermeisterin Petra Roth ihrer jüdischen Gemeinde Glück beim Friedensprozeß in deren Lande wünscht und Ignaz Bubis zurückfragt, seit wann denn in Hessen wieder Krieg herrscht, dann ist es gut, daß es Leute wie Beltz gibt, die solche Sachverhalte schlicht zur Kenntnisnahme vorbringen.

Barbora Paluskova

noch heute und morgen, 20 Uhr, Kammerspiele