Graue Überraschungskugeln

Kristalle zum Selberknacken: An diesem Wochenende findet in der Hamburg Messe die 21. Mineralienausstellung statt  ■ Von Heike Haarhoff

Die Frau zeigt auf eine unscheinbare Steinkugel mit rauher Oberfläche. Zu Hunderten lagern die grauen Gebilde in den Kisten vor dem Stand in der Messehalle, aber die Kundin hat sich entschieden: „Die da, bitte.“ Andreas Guhr schnappt sich die apfelsinengroße Kugel und wiegt sie aus: 300 Gramm.

„So, gucken wir mal, was drin ist.“ Guhr ist der Herr der Steinkrachermaschine. Die besteht aus einer Scharnierkette, die er um die Kugel legt und die in eine Eisen-stange mündet. Mit diesem Hebel knackt Guhr die Steinkugel wie eine Kokosnuß. Die Kundin darf als erste staunen: Der geöffnete Kern entpuppt sich als grau-schwarz schillernde Kristallschicht. „Ein Rauchquarz“, sagt Guhr, dann sagt er: „18 Mark“.

An normalen Werktagen ist er im Mineralien-Zentrum Hamburg tätig, an diesem Wochenende jedoch präsentiert er seine Schätze auf der 21. Internationalen Mineralienausstellung auf dem Messegelände der Hansestadt. 300 Aussteller aus 30 Ländern zeigen und verkaufen hier Mineralien, Fossilien, Edel- und Rohsteine, Kristalle und Schmuck.

Die grauen Kugeln, erklärt Guhr, heißen „Geoden“ und kommen aus einem Vulkangebiet in Mexiko. Dort sind sie tief in der Erde vor 100 Millionen Jahren unter Gas- und Druckeinwirkung und wohl auch durch chemische Reaktionen entstanden. Heute werden sie als Überraschungskugeln exportiert, 100 Gramm für sechs Mark.

Die nächste Kundin will ihren Geoden unbeschädigt mit nach Hause nehmen. Das Geheimnis, welcher Kristall – Achat, Calcit, Geothit, Amethyst oder Quarz – drinnen ist, will sie nach 100 Millionen Jahren nicht lüften. „Von der Kugel geht auch so Energie aus.“

Positive, versteht sich. Scharen von Menschen suchen auf der Messe nach ihr. Die Kraft verbirgt sich in kleinen, bunten Steinen, Handschmeichler aus Jade heißen die beispielsweise. Und was man nicht alles mit ihnen heilen kann, wenn man denn daran glaubt: Ein liebenswürdiger Herr, der extra aus Bergedorf angereist ist, blickt skeptisch drein. Kurzsichtigkeit mit indischem Carneol-Stein beheben? Dunkelgrün-blauschwarzer Labradorit gegen gekrümmte Wirbelsäulen? „Schnickschnack“, findet er.

Und dennoch – das Funkeln fasziniert. Eine Schulklasse guckt sich an einem Stand an, was sie im Chemieunterricht schon selbst herausgefunden hat: „Kristalle kann man züchten.“ Kupfersulfat zum Beispiel läßt sich in Wasser auflösen; anschließend muß es mit einem winzigen Zuchtkristall einer gesättigten Lösung zugeführt werden, und dann heißt es rund ein halbes Jahr warten, bis der Kristall zu einem kleinen Brilli herangewachsen ist.

Mineralien-Messe heute und morgen 10 bis 18 Uhr, 15 (7) Mark