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Engel und Scheinengel

■ In der Katharinen-Passage erwartet uns bis Weihnachten verschiedenes Geflügel

Der „Wiener Wald“ in der Katharinen-Passage hat, was schon komisch genug ist, „Entenwochen“. Mit noch größerem Geflügel schmückt sich dagegen bis Weihnachten das gesamte Katharinenviertel: „Engelswochen“ lautet die Verheißung der ansässigen Geschäftsleute. Doch wer jetzt auf schön kross gebackene oder panierte Engelschlegel gehofft hat, wird sich getäuscht sehen: Denn diese Engel flattern noch munter herum, verteilen von Mittag bis Abend Goldtaler und locken die Passanten, an einem Preisausschreiben teilzunehmen, bei dem man etwas gewinnen kann, nur weiß keiner, was. Engel Carmen Baar, gelernte Schauspielerin, hat gehört, es gebe irgendetwas technisches zu gewinnen, was eher Männer interessiert.

Engel Carmen hat ein weiß-goldenes Gewand an, Goldkordel um den Kopf, Goldglitzer inzwischen sogar im Badezimmer und auf dem Hund, und zwei Flügel. Und kalte Finger. Besser geht es dem Glühweinengel um die Ecke. Dragana Stamenkovic – 24 Jahre, ganz aus Wilhelmshaven weg, arbeitslos, sucht Lehrstelle beim Rechtsanwalt, Schuhgröße 41, Konfektionsgröße 54, „Was willst Du noch alles wissen?“ – kredenzt den „Engelstrunk“, ein Gebräu aus Zimt, Apfelkorn und Pflaumenlikör. Wenn man Engel Dragana (d.h. „Liebchen“) nach acht Stunden Dienst nicht mehr sieht, liegt er bestimmt hinter der Theke.

Und dann gibt es am Katharinenparkhaus noch die Gegen- oder Scheinengel. Das sind Wesen ohne Gold und Flügel, die stehen im Sold der Parkplatzfirma Brepark. Das sind Engel, die Kai Meyer heißen, weiße Hose, weißen Pullover und blaue Weste tragen. Die Scheinengel verteilen Flugblätter, auf denen Reklame für die Scheinengel steht, sowie Gutscheine für irgendwas, „aber schnell einlösen, solange der Vorrat reicht“. Die Scheinengel tragen einem auch das Gepäck ans Auto.

Nach Weihnachten werden alle Engel kross gebacken und zugunsten der „Fritz-Teufel-Stiftung für die paar erfolglosen Alt-68er“ versteigert. BuS/Foto: A.K.

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