■ Vorlauf
: Räderwerk

„Die Zeitmacher. Dreiteilige Dokumentation über die Phänomene Zeit und Uhren“. Teil 1: Sonntag, 16 Uhr, 3sat (Teil 2 und 3 an den beiden kommenden Sonntagen um 16 Uhr)

Wo kommt die Zeit her? Wo geht sie hin? Wer versucht, mit der Zeit Schritt zu halten, dem läuft sie davon. Je hastiger man die Zeit verfolgt, desto schneller vergeht sie. Zeitnot herrscht ausgerechnet dort, wo die modernsten Zeitsparer im Einsatz sind, in den Industrienationen. Ist die Zeit eine hysterische Erfindung?

Das Wesen der Zeit ist Bewegung. Herbert Biber will in seiner dreiteiligen Dokumentation den unendlichen Bedeutungsknoten „Zeit“ über „Die Zeitmacher“ aufdröseln. Bibers Problem dabei ist nicht die Komplexität des Gegenstandes. Es liegt in der Visualisierung. Umstandsloser gesagt: Es genügt nicht zu wissen, man muß auch anwenden – also anschaulich darstellen. Denn Herbert Biber weiß offensichtlich viel; das theoretische Niveau seines Dreiteilers ist respektabel. Teil 1 („Die Macht der Minute“) eröffnet mit den vielen Betrachtungsebenen des Phänomens Zeit: philosophisch, physikalisch, religiös, wirtschaftlich, biologisch, sozial, politisch ...

Doch leider ist Herbert Biber nicht viel mehr eingefallen, als den Mond und immer wieder Räderwerke einzublenden, Wasser fließen zu lassen, Pink Floyds „Time“ abzuspielen und mit etwas Sakralpop an das Memento mori zu mahnen. Somit steht das gedankliche Niveau des Dreiteilers in einem umgekehrt reziproken Verhältnis zum bildhaften Niveau. Ausgesprochen schade! Denn Bibers Ansatz, die Uhr und die Uhrmacher als Ordnungssymbol für die Relativität des Zeitbegriffs zu setzen, ist philosophisch geschickt. Aus Bibers Porträts der Manufakturen Jaeger- LeCoultre in Valle de Joux, IWC in Schaffhausen und Lange & Söhne in Glashütte erfährt man viel über die Geschichte der Zeit – ja, die Zeit hat eine Geschichte! – und der Uhren. Doch der intendierte Überblick geht auch auf Kosten der Übersicht. Nicht Bibers Schuld – ein straffes Lektorat wäre Aufgabe des Senders gewesen. Anke Westphal