Tach auch: Fräulein Willkomm!
■ Die neue kleine sowie erbauliche Montagskolumne der taz / 4. Versuch
Das Leben bringt es manchmal mit sich, daß man morgens um 5.50 Uhr am Bahnhof sein muß. Man hat vielleicht vier Stunden geschlafen. Es herrschen vielleicht Außentemperaturen von zehn Grad minus. Wem das nicht reicht: Die neue Krone ist soeben rausgefallen. Man hat vergessen, den Mülleimer rauszustellen. Und die große Steuerreform ist nur ein Reförmchen. Ist der Groschen gefallen? Geeenau: Ein Scheiß-Morgen! Soweit ich es überblicke, gibt es nur zwei Möglichkeiten, an so einem Morgen das Ruder rumzureißen.
Erste Möglichkeit: Man holt seine reservierte Fahrkarte an Schalter 6 ab. Man blickt auf das Namensschild der Bahndame. Die Bahndame heißt – ich möchte mir hier und aus gegebenem Anlaß ein einziges Mal erlauben, einen politisch unkorrekten Begriff zu benutzen – Fräulein Willkomm. Guten Morgen, Fräulein Willkomm!
Zweite Möglichkeit: Ein Stück Zeitungspapier weht einem vor die Füße. Es ist, und nun halten Sie sich fest, die Bremervörder „Rundschau“ vom 26. November 1997! Wie Sie wissen, werden Zeitungen – wie Whiskey – mit den Jahren immer wertvoller. Eine 97er Rundschau – das ist schon was. Man hebt sie auf und liest: „Sammlerinnen tragen Pollenhöschen“. Dunnerlüttich, ruft man den Umstehenden zu und auch Herrn Dr. Werner von der Ohe, der in Bremervörde einen Vortrag vor heimischen Imkern hielt: Dieser Tag ist gerettet!
Die dritte Möglichkeit, den Tag zu retten: „Tach auch“ lesen. Man muß ja nicht alles selbst erleben! BuS
Ach ja: Abends dann, bei Hapag Lloyd im Reisebüro, bediente mich Fräulein Susanne Füllbrunn. Heiliger Eid!
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