Stadtbahnstrecke: Heißer Punsch statt Chaos

■ Drei Stellwerke der Deutschen Bahn erhielten neue Software. Weil Bahnhöfe gesperrt waren, wurden 72.000 Reisende am Wochenende im Fernverkehr umgeleitet. Die nahmen es gelassen

„Wir haben uns das schlimmer vorgestellt“, erzählt Doreen Breuer, 22, und schenkt alkoholfreien Punsch in einen Pappbecher. Sie ist Azubi bei der Deutschen Bahn und verteilt das tröstende Heißgetränk an umleitungsgeplagte Reisende im Bahnhof Zoo.

Das befürchtete Chaos im städtischen Bahnverkehr ist am Wochenende ausgeblieben. Weil im „Eisenbahnknoten Berlin“ neue Signal- und Sicherungstechnik zugeschaltet wurde, verkehrten rund 400 Züge außerplanmäßig. Doch obwohl die Stadtbahnstrecke gesperrt wurde und die Züge des Fern- und Regionalverkehrs insbesondere am Samstag an der Peripherie endeten, verlief alles fast reibungslos und ohne große Klagen der Bahnkunden.

„Die meisten Fahrgäste waren informiert“, beurteilte Roger Puls, Bahnhofskoordinator am Bahnhof Zoologischer Garten, die Situation. Während der Arbeiten konnte der Bahnhof Zoo nicht angefahren werden, die Züge wurden über die Stationen Wannsee, Spandau, Ostbahnhof, Schönefeld und Lichtenberg geführt.

Zusätzlich wurden Shuttlebusse vom Zoo zum Ostbahnhof und nach Nauen eingerichtet. Rund 72.000 Reisende waren von der Streckensperrung betroffen.

Die meisten Fahrgäste reagierten verständnisvoll. Die 55jährige Marie Straub aus Aventoft an der dänischen Grenze fand es „ganz witzig, wenn mal nicht alles nach Plan verläuft“ – zumindest solange sie deswegen keinen wichtigen Termin verpaßt. Sie wartete auf den Shuttlebus, der sie nach Nauen zu ihrem Zug nach Hamburg bringen sollte.

Seit Freitag bestand für jeden Interessierten über eine kostenlose Service-Hotline der Deutschen Bahn die Möglichkeit, sich über die Fahrplanänderungen zu informieren. Das Interesse, so die Bahnmitarbeiter, war groß. Sven George, wie Doreen Breuer ebenfalls Azubildender bei der Deutschen Bahn, standen den Reisenden am Ostbahnhof persönlich als Berater zur Seite.

Nur einige Fahrgäste hätten ihren Zug wegen veränderter Abfahrtszeiten verpaßt und sich beschwert, erzählt der 17jährige. „Die Leute waren hier, aber ihr Zug ist schon eine halbe Stunde früher in Lichtenberg gefahren.“ Ansonsten laufe es aber „ganz gut“.

Wie die meisten der 400 eingesetzten DB-Berater hätte Sven George normalerweise am Samstag einen freien Tag gehabt.

Anstehende Verlängerungen der Streckenführung der S-Bahnlinie 5 sowie der Regionalbahn 13 hätten die Arbeiten an der Signal- und Sicherheitstechnik notwendig gemacht, erklärte Marlene Schwarz, Pressesprecherin der Deutschen Bahn in Berlin-Brandenburg. Die elektronischen Stellwerke Wannsee, Westkreuz und Ruhleben seien daher abgeschaltet, die Software erneuert und umfangreiche Prüfungsarbeiten durchgeführt worden, sagte sie gegenüber der taz. „Uns war wichtig, während der Arbeiten das volle Zugangebot zu garantieren“, erklärte Schwarz. Die durch die umfangreiche Fahrgastbetreuung anfallenden Kosten seien daher absolut zweitrangig. Iris Krumrei