Grüne wollen Baulöwen Prozeß machen

■ Wegen des Verdachts auf Betrug will bündnisgrüne Abgeordnete Schillen eine Anzeige gegen Klaus Groth erstatten. Anlaß sind Unregelmäßigkeiten bei der Abrechnung in Karow-Nord. Bausenator Klemann streich

Die Bündnisgrünen wollen den Baulöwen Klaus Groth vor den Kadi zerren. Wegen Betrugsverdachts durch die Investorengruppe Karow-Nord will die Abgeordnete Ida Schillen in Kürze Anzeige gegen Berlins mächtigen Bauunternehmer stellen. Die Investorengruppe, bei der Groths Firma „Groth und Graalfs“ 85 Prozent der Anteile hält, soll bei der Abrechnung der Pauschalen für Erschließungsarbeiten im Neubaugebiet Karow-Nord dem Senat unter anderem den Bau von Privatstraßen sowie die doppelten Kosten für Straßenbeläge in Kreuzungsbereichen in Rechnung gestellt haben.

Bereits im Juli waren aufgrund eines Schreibens des damaligen Abteilungsleiters Wohnungswesen beim Bausenator, Günter Fuderholz, „Unregelmäßigkeiten“ bei der Abrechnung in Karow- Nord bekannt geworden. Nachdem Groth und Graalfs für den 3. Bauabschnitt der mit 5.200 Wohnungen größten Neubausiedlung Europas eine Pauschalsumme von 33 Millionen Mark für die vertraglich vereinbarten Erschließungsarbeiten veranschlagt hatte, ließ die Bauverwaltung nachrechnen. Das Ergebnis: Die Kosten für den Bau von Straßen und Gehwegen oder die Anschaffung von Straßenbäumen beliefen sich lediglich auf 21 Millionen Mark.

Ob dieser Differenz von 12 Millionen mißtrauisch geworden, ließ die Verwaltung auch die Abrechnungen für den Bauabschnitt „Karow 2“ prüfen. Auch hier gab es eine Differenz von neun Millionen. Nachdem Groth damals von Mißverständnissen beziehungsweise den „üblichen Verhandlungen um unterschiedliche Preisvorstellungen zwischen Bauherren und Auftragnehmer“ sprach, hing auch die Verwaltung den Konflikt nicht länger an die große Glocke.

Daß der Millionencoup von Karow-Nord nicht völlig unter den Teppich gekehrt wurde, ist nun das Verdienst der Bündnisgrünen. Zuletzt mußte die Bauverwaltung auf einer Sitzung des Bauausschusses im November einräumen, daß es zu Differenzen gekommen sei. So treffe es zu, sagte Baustaatssekretär Ulrich Arndt (CDU), daß dem Land von der Investorengruppe Karow-Nord im Juli 1994 ein Angebot unterbreitet worden sei, welches auch den Neubau von Privatstraßen und eine Doppelveranschlagung von Kreuzungsbereichen enthalten habe. Auf eine Anfrage Ida Schillens über die nunmehr vereinbarten Kosten für den 3. Bauabschnitt in Karow antwortete Bausenator Jürgen Klemann (CDU) am vergangenen Donnerstag, daß die Investoren statt der vormals 33 Millionen nun für 16,4 Millionen bauen würden. Selbst mit dieser Höhe, mußte Klemann einräumen, sei die Bauverwaltung „nicht einverstanden“.

Obwohl die Bauverwaltung inzwischen angekündigt hat, daß sämtliche Erschließungsarbeiten nicht mehr pauschal, sondern einzeln abgerechnet werden müssen, wollen die Bündnisgrünen auch Baunsenator Klemann zur Rechenschaft ziehen. Die Anzeige der Abgeordneten Schillen betrifft deshalb auch die Bauverwaltung. Hier, so Schillen, liege der Verdacht der Untreue vor. Schillen begründet diesen Verdacht vor allem mit den bislang noch immer nicht vertraglich geklärten Abrechnungsmodalitäten. Es müsse überprüft werden, so die Abgeordnete, „ob die Verträge von vornherein so mangelhaft waren, daß von einem erkennbaren Risikogeschäft zu Lasten Berlins ausgegangen werden müßte“.

Daß der Verdacht Schillens nicht ganz aus der Luft gegriffen ist, legt auch die Bauverwaltung nahe. Deren Mitarbeiter Wewel bestätigte zuletzt dem Bauausschuß, daß ein ursprünglich geplanter Erschließungsvertrag mit der Investorengruppe nicht zustande gekommen sei. Bei Abschluß des mit insgesamt 1,4 Milliarden Mark Fördersumme veranschlagten städtebaulichen Vertrags für Karow-Nord im Jahre 1992 habe es, so Arndt, lediglich ein Workshop-Verfahren gegeben. Erst recht habe es damals keine hinreichend abschätzbaren Kosten für die tatsächlichen Erschließungsaufwände gegeben. Es seien nur sehr grobe Einschätzungen gewesen, die auch vertraglich nicht fixiert worden seien.

Mit der Ankündigung Klemanns, trotz fehlenden Erschließungsvertrags nun wenigstens nicht mehr pauschal abzurechnen, ist es für die Bündnisgrünen jedenfalls nicht getan. Das Datum der Abrechnung liegt mit der Fertigstellung des Gesamtvorhabens im Jahre 2001 noch in weiter Ferne. Uwe Rada Porträt Seite 23