Muammar al-Gaddafi lehnt Auslieferung im Fall Lockerbie ab

■ UN-Generalsekretär Annan kehrt mit vagen Zusagen und den Schuhen voller Sand aus Libyens Wüste zurück

Berlin (taz) – Statt des erhofften Durchbruchs gab es nur „Fortschritte“. Mit diesem Wort bezeichnete UN-Generalsekretär Kofi Annan gestern das Ergebnis seines Besuches bei Libyens Staatschef Muammar al-Gaddafi. Anstatt der Zusage für eine Auslieferung der beiden angeblichen libyschen Lockerbie-Attentäter, erhielt Annan nur die Zusage, die Gremien des libyschen Volksmassenstaates würden sich der Angelegenheit annehmen. Auf das Gespräch mit Gaddafi mußte Annan stundenlang warten.

Bei dem Bombenanschlag auf einen Jumbo der US-Fluggesellschaft PanAm am 21. Dezember 1988 über dem schottischen Lockerbie waren 270 Menschen getötet worden. Britische und US-Geheimdienstler wollen zwei libysche Agenten als Organisatoren des Anschlags ausgemacht haben. Nach langen Vorverhandlungen glaubte Annan nun, Gaddafis Zusage für deren Überstellung an ein schottisches Gericht zu erhalten, das in den Niederlanden tagen wird. Doch weit gefehlt. „Ich hoffe, daß wir in naher Zukunft den Familien der Opfer gute Neuigkeiten überbringen können“, erklärte Annan gestern.

Annan kündigte an, er werde US-Außenministerin Madeleine Albright per Telefon über seine Reise informieren. Albrights Sprecher James Foley weiß jedoch bereits jetzt, was seine Chefin von Annans Mission hält: Sie sei enttäuscht. Großbritanniens Außenminister Robin Cook meinte, er würde einen Prozeßbeginn noch vor dem zehnten Jahrestag des Anschlags in zwei Wochen begrüßen. Das sei aber „keineswegs sicher“. taud

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