■ Berliner Dopingprozeß endet mit Geldstrafe für Sportarzt Pansold
: Ein Fehlschlag auf Bewährung

Gewaltig war der Aufwand, der im sogenannten Pilotprozeß zur juristischen Aufarbeitung des flächendeckenden Dopings in der DDR betrieben wurde. 41 Verhandlungstage lang wurde in zähen Zeugenbefragungen und ausgiebigen Verbalscharmützeln um die Wahrheit gerungen. Nachdem gestern das letzte der relativ glimpflichen Urteile gegen den einzig verbliebenen Angeklagten, den Sportarzt Bernd Pansold, gesprochen wurde, darf das ehrgeizige Projekt als gescheitert betrachtet werden.

Unstrittig ist nach dem Berliner Prozeß zwar die Existenz einer koordinierten und systematischen Anwendung von Anabolika und Testosteron, als schwierig erwies sich die Individualisierung der Schuld. Die sechs angeklagten Schwimmtrainer und Sportärzte galten vor dem Prozeß als zentrale Figuren im Dopingsystem der DDR, der Nachweis gelang der Staatsanwaltschaft nicht. Fast niemand war im Zeugenstand bereit, irgendwen persönlich zu belasten, die meisten Aussagen waren von erstaunlichen Gedächtnislücken geprägt und selbst die wenigen auskunftsfreudigen Zeuginnen nicht in der Lage, ausreichende Beweise für den Tatbestand der Körperverletzung durch Testosteronspritzen zu liefern. Sehr häufig fielen die Angaben vor Gericht weit hinter jene zurück, die von denselben Leuten im Ermittlungsverfahren bei der Polizei gemacht wurden, wichtige Figuren sagten überhaupt nicht aus. Manfred Höppner zum Beispiel, eine Art designierter Kronzeuge, der aber selbst mit einer Anklage rechnen muß und daher schwieg. Namen wurden nur genannt, wenn jemand schon gestanden hatte, wie etwa der Sportarzt Binus, der die Weiterleitung von Anabolika-Tabletten zugab. Kaum hatte er dafür eine Geldstrafe erhalten, hieß es allenthalben: Binus war's. Weitgehend im dunkeln tappte das Gericht bei der Suche nach Verantwortlichen für die hochgradig gesundheitsschädliche Testosteronvergabe.

Insgesamt war der Prozeß, gemessen am Aufwand, ein grandioser Flop, der keine großen Hoffnungen für künftige Verfahren weckt. Auch nicht für jene gegen ehemalige Spitzenfunktionäre des DDR-Sports, deren Verurteilung als Konstrukteure des Dopingsystems das eigentliche Ziel der Justiz ist. Wenn tatsächlich Manfred Ewald und Co. vor die Schranken des Gerichts treten, muß sich erweisen, ob der Berliner Prozeß mit seinen kargen Schuldsprüchen gegen die „Kleinen“ doch noch die erhoffte Basis für die Verurteilung der „Großen“ bietet. Ein Fehlschlag mit Bewährungsfrist, sozusagen. Matti Lieske