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KommentarSackgasse

■ Israel: Netanjahu schwach wie nie, aber es fehlt an alternativen Kandidaten

Ministerpräsident Benjamin Netanjahu, der über keine Regierungsmehrheit mehr verfügt, steht vor dem Aus. Noch hat ihm die Arbeitspartei eine letzte Frist gesetzt. Vor dem Besuch von US-Präsident Clinton die Regierung zu stürzen, dies wollte selbst die Arbeitspartei Netanjahu nicht antun. Das Wye-River-Abkommen könnte ihm dennoch das Genick brechen. Die rechten Parteien haben ihn unterstützt, weil er versprach, das Oslo-Abkommen mit den Palästinensern zu torpedieren. Doch der in Aussicht gestellte Rückzug, dem Netanjahu unter Druck der USA zustimmen mußte, bringt ihn in Bedrängnis. Die radikale Rechte traut Netanjahu nicht länger. Die Suche nach einem Nachfolger hat längst begonnen.

Neuwahlen erscheinen als die bestmögliche Lösung, um aus der Sackgasse herauszufinden. Noch kann Netanjahu allerdings mit dem Argument pokern, daß die Rechte nach den Wahlen schwächer dastehen könnte. Deshalb ist nicht ausgeschlossen, daß sie Netanjahu als das „kleinere Übel“ Neuwahlen vorziehen werden. Möglich ist aber auch eine Spaltung der rechten Parteien über dieses Argument. Vor allem die National-Religiöse Partei ist uneinig. Und ihre neun Abgeordneten stellen die kritische Masse dar, die Netanjahu zu Fall bringen könnte. Sein Versuch, die Gesher-Partei des früheren Außenministers David Levi und die rechtsradikale Tsomet-Partei in die Regierung zu holen, sind vorerst kläglich gescheitert. Und weil ihm in Wirklichkeit keiner vertraut, schwimmen ihm jetzt die Felle davon. Was sich über zweieinhalb Jahre als taktisches Geschick erwiesen hat, könnte ihm jetzt zum tödlichen Strick werden.

Seit den Wahlen von 1992 weiß die Rechte, daß ihre Zersplitterung und Spaltung der wahre Grund ihrer Niederlage ist. Doch das hat die Ideologen noch nie von der Selbstzerstörung abhalten können. Nach all den Skandalen und Fehlern der Regierung Netanjahu könnten die Wähler selbst im uncharismatischen Ehud Barak, dem Ex-Militär und Chef der Arbeitspartei, den „besseren Netanjahu“ sehen. Politisch sind die Unterschiede gering. Mehr Land hat auch Barak den Palästinensern nicht versprochen. Der eigentliche Nachteil liegt woanders: Charismatische Führer mit eigener Vision hat Israel nicht mehr. Und dafür wird das Land einen Preis bezahlen müssen. Über kurz oder lang. Georg Baltissen

Bericht Seite 10

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