Lokalkoloratur

Bisher war sie eher dadurch aufgefallen, daß sie versonnen auf ihre Geige blickend in einem Birkenwäldchen steht und ihr alter Förderer Herbert von Karajan lüstern hinter einem Baumstamm hervorlugt. Inzwischen hat aber auch Anne-Sophie Mutter ihr Herz emanzipatorischen Gedanken geöffnet. „Wunderbare Instrumentalistinnen fehlen nicht in der Geschichte der Musik, wohl aber in der Geschichte der Schallplatte“, klagt die Geigerin im Stern. Erst ihre Generation habe für eine Gleichstellung von Musikerinnen gesorgt, klärt die 35jährige vorwurfsvoll auf und bricht auch gleich noch eine – geschlechtsneutrale – Lanze für FreundInnen der leichten Muse. Schließlich sei jede Art von Musik „eine Sprache, die zum Herzen des Zuhörers spricht“, die „verbreitete Hochnäsigkeit“ gegenüber den Menschen, „die ihre Emotionen beim Schlager befriedigen“, mag die Vir-tuosin nicht teilen. Ihre eigenen Gefühle befriedigt Frau Mutter am liebsten coram publico: „Ich entblöße mich, wenn ich Geige spiele.“ else