Kommentar
: Tests allein helfen nicht

■ Interkulturelle Erziehung braucht Gelder

Die Ergebnisse der Sprachmessung der Weddinger GrundschülerInnen ergeben nichts sensationell Neues, doch sie verdeutlichen jetzt noch einmal drastisch, wie prekär die Situation tatsächlich ist: Nicht nur an den Schulen, sondern auch in den Kindergärten und Vorklassen insbesondere in den Innenstadtbezirken herrscht ein dringender Bedarf an Fördermaßnahmen für Kinder nichtdeutscher und deutscher Herkunftssprache.

Seit Monaten wird auf Innenstadtkonferenzen und in den verschiedenen Parteien über den Sprachnotstand der Kinder schwadroniert, doch die politischen Konsequenzen sind bisher äußerst mager. Nur 50 zusätzliche Lehrerstellen für Förderunterricht hat Schulsenatorin Ingrid Stahmer (SPD) bisher bewilligt – nach den Weddinger Ergebnissen ist das ein Tropfen auf den heißen Stein.

Wenn wirklich gewollt wird, daß Kinder zukünftig besser deutsch sprechen und schreiben, dann ist ein ganzes Paket von Maßnahmen nötig. „Sprachtests“ helfen da nur wenig weiter. Schon im Kindergarten und in den Vorklassen muß Kindern nichtdeutscher Herkunftssprache Deutsch gezielt als Zweitsprache beigebracht werden. Es reicht für die Sprachbildung anscheinend nicht aus, nur den Kindergarten zu besuchen. Das hat die Weddinger Messung noch einmal eindrucksvoll bewiesen. Deswegen brauchen die ErzieherInnen grundlegende Fortbildungsmaßnahmen, das Konzept der interkulturellen Erziehung muß außerdem ein wichtiger Bestandteil des Studiums werden und darf nicht nur Beiwerk sein.

Außerdem müssen die Eltern in den Spracherwerb mit einbezogen werden. Denn Kindergarten und Schule sind nicht die vorherrschenden Institutionen, die die Kinder prägen, sondern das soziale Umfeld und die Familie. Deshalb ist der Ansatz, Müttern, die kein Deutsch sprechen, während des Kitabesuchs oder dem Schulunterricht Deutsch beizubringen, von außerordentlicher Wichtigkeit.

In diese Maßnahmen sollten zukünftig Kraft und Geld gesteckt werden, nicht in neue Sprachmessungen. Denn was nützt es, wenn im nächsten Jahr herausgefunden wird, daß nur noch 42 Prozent der Kinder Födermaßnahmnen brauchen, diese aber nicht finanziert werden? Julia Naumann