: Alles, was da draußen los ist
■ Wenn der Funsportler nach Hause kommt, soll er das neue Lifestyle-Magazin „Blond“ lesen
Alle reden wieder von Glamour und knackigen Oberflächen, doch die Zeiten der Magazine, die glamourös und oberflächlich sind, scheinen lang vorbei. Selbst nach längerem Überlegen fallen einem nur die guten alten 80er-Jahre-Magazine Tempo und Wiener ein, und dazu die seit 1991 erscheinende Max, die ungerechterweise immer als Inbegriff für ein nerviges und schlechtes Lifestyle-Mag steht.
Insofern ist es keine ganz schlechte Idee, „die große Leere zwischen Max und Bravo“ füllen zu wollen, wie es der Redaktion des neuen „unberechenbaren Lifestyle-Magazins“ Blond vorschwebt, das mit einer Einführungsauflage von 240.000 Stück dieser Tage an den Kiosken liegt.
Blond ist nach Park der zweite Versuch des Hamburger B&D- Verlags, das enge Korsett der bisher dort fabrizierten Trendsportmagazine (Snowboarder, Inline) abzustreifen. Während man mit Park, wo B&D mit 40 Prozent beteiligt ist, Politik und Konsum für ein kulturell ausdifferenziertes Publikum wieder funky werden lassen möchte, ist die Zielgruppe von Blond, wie soll es anders sein, „jung, kritisch und stilbewußt“, bevorzugt an Sport interessiert, aber auch an Mode und Musik.
Chefredakteur Ralf Grauel glaubt zu wissen, daß er und sein Verlag „ein wunderbares Gespür haben für das, was da draußen los ist“ und sich gerade um die Fun- Sportarten viele „Styles“ und „Haltungen“ entwickelt hätten, die weit über den Sport hinausgingen. Und so wirft man in Blond alles rein, was zusammenpaßt oder auch nicht: Stories über die HipHopper „Cypress Hill“ und „Absolute Beginner“, über illegale Sprayer in Warschau und Skateboarder Tony Hank; da kann man neben einer Art Schautafel mit „Fugees“-Rapper Pras sich H&M-Werbeblondinen angucken, und wenn man nicht mehr weiter weiß mit dem vielen passiven Lifestyle, holt Blond „dich endlich von der Straße“ und bietet 77 Jobs im Sportbusineß an.
Grauel möchte seinen Lesern „komplett eine Welt herstellen“, doch irgendwie entwickeln sich da beim Lesen eher Fliehkräfte, als daß sich jene „Haltung“ herauskristallisierte. Statt verschiedene Welten miteinander in Beziehung zu setzen, soll das Ganze „relativ leicht und offen und nicht ganz so dumm“ sein. Halt so wie die Fragen, die man Robie Williams stellt: „Hast du viel rumgevögelt?“ – „Du müßtest jetzt schon jetzt ziemlich viel Geld haben?“ – „Was ist mit Euch Boygroup-Typen los?“ – „Ihr scheint alle mit Girlgroup- Frauen zusammenzusein.“
Allenfalls das Bemühen, einen anderen Zugang zu finden, ist erkennbar. Ein paar Funsportprofis werden da anhand der Metallimplantate vorgestellt, die sie nach diversen Unfällen in ihren Körpern spazierenführen. So mag dann demnächst „alles blond oder auch blonder“ werden, wie Grauel erkennbar augenzwinkernd beschwört. Doch irgendwie muß man beim Blättern in Blond immer an das Schicksal von Motion denken. Das Magazin, das im Frühjahr letzten Jahres „Trendmagazin“ mit Sounds, Styles und Sport sein wollte, wurde nach drei Nummern eingestellt. Gerrit Bartels
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