Pillen drehen von A bis Z

■ Pharmakonzerne Astra und Zeneca fusionieren. Größter Firmenzusammenschluß in Europa. Aktien steigen, Stellenzahl sinkt

London/Berlin (rtr/taz) – Die Nachrichten über Fusionen reißen nicht ab. Gestern gaben die britische Pharmafirma Zeneca und die schwedische Astra-Gruppe ihr Zusammengehen bekannt. Das neue Unternehmen hat einen Börsenwert von rund 67 Milliarden Dollar (ca. 113 Milliarden Mark) und ist damit der drittgrößte Pharmakonzern der Welt. 53,5 Prozent der Anteile werden die Zeneca-Aktionäre halten, die restlichen 46,3 Prozent die Astra-Eigner. Von der Fusion versprechen sich die Vorstände Einsparungen von mehr als einer Milliarde Dollar pro Jahr.

Gespart werden soll unter anderem bei den Arbeitsplätzen: Die Planungen sehen vor, in den nächsten drei Jahren mehr als ein Zehntel der derzeit 55.000 Stellen weltweit zu streichen.

Nach der Fusionsnachricht schnellten die Börsenkurse beider Unternehmen in die Höhe. Astra konnte zeitweise ein Plus von 23 Prozent verbuchen, Zeneca stieg am Vormittag um fünf Prozent.

Experten sehen den Zusammenschluß mit gemischten Gefühlen. Positiv bewerten sie, daß der neue Konzern allein durch seine Größe eine stärkere Stellung vor allem auf dem US-amerikanischen Markt haben wird. Günstig sei auch, daß beide Unternehmen große Übereinstimmungen in der Produktpalette aufwiesen, so bei Herzmedikamenten, Betäubungs- und Asthmamitteln. Gleichzeitig verfügt jede Firma über ein kräftiges Zugpferd: So ist Zeneca die weltweite Nummer Zwei bei Krebsmedikamenten, Astra vertreibt ein Mittel gegen Magengeschwüre, das sich bestens verkauft. Den großen Zeneca-Bereich Agrarchemie und Saatgut mit einem Marktvolumen von 1,4 Milliarden Mark hatte schon im April Bayer übernommen.

Schwierigkeiten könnte es allerdings geben, wenn die Patente dieser Verkaufsschlager auslaufen. Und das ist gar nicht mehr so lange hin: Das Astra-Magenmittel Losec verliert sein US-Patent im Jahr 2001, Gleiches gilt für ein sehr gefragtes Herzmedikament von Zeneca. Da nicht abzusehen sei, daß AstraZeneca mit neuen Knüllern aufwarten könne, so die Expertenmeinung, reduziere sich der Zweck der Fusion auf das schnöde Kostensparen. Das gleiche Motiv hatten die Pharmafirmen Glaxo Wellcome und SmithKline Beecham verfolgt. Deren Fusionspläne waren Anfang des Jahres gescheitert.

Zwar hat niemand wirklich mit einer Fusion von Zeneca und Astra zum jetzigen Zeitpunkt gerechnet. Gerüchte über Verhandlungen gab es aber schon seit längerem. Astra-Vorstände waren sogar so weit gegangen, Zeneca als bevorzugten Partner in der Öffentlichkeit anzugeben.

Mit dem Zusammenschluß reagieren beide Firmen auf die jüngste spektakuläre Fusion in der Pharmabranche. In der vergangenen Woche hatten der Hoechst-Konzern und die französische Pharmagruppe Rhône-Poulenc eine Firmenehe angekündigt. kat