Zwei Jungs, eine Meinung

■ Der erwartete Schlagabtausch zwischen den SPD-Kandidaten Momper und Böger blieb aus

„Mein Gott, Walter, wo ist dein Kampfgeist geblieben?“ steht auf einem gelben Handzettel, den ein enttäuschter Momper-Fan verteilt. Das Kreuzberger Mitglied ist entnervt ob der „vornehmen Zurückhaltung“, mit der Walter Momper den innerparteilichen Wahlkampf um die SPD-Spitzenkandidatur bislang betreibt.

Der enttäuschte Kreuzberger muß weiter warten. Auch beim SPD-Mitgliederforum zur Wirtschaftspolitik lieferten sich Momper und sein Kontrahent Klaus Böger am Samstag kein Rededuell. Gefragt war vielmehr friedliche Koexistenz. Im Atrium des Willy- Brandt-Hauses hatten beide Wahlkampfteams Infostände aufgebaut: „Sieben gute Gründe, Walter Momper zu wählen“, hieß es auf einem Faltblatt des Momper-Teams. Dem Böger-Team sind gleich „Zehn gute Gründe, Klaus Böger zu wählen“ eingefallen. Anleihen beim erfolgreichen SPD-Bundestagswahlkampf machen beide Kandidaten: „Ich bin bereit“, lautet Mompers Slogan. Böger hat den roten Punkt auf blauem Hintergrund zum Markenzeichen seiner Kampagne gemacht.

In den wirtschaftspolitischen Positionen unterscheiden sie sich kaum: Aufgabe des Regierenden Bürgermeisters sei die Akquise von Unternehmen und damit Arbeitsplätzen, ist man sich einig. Da habe der Regierende Bürgermeister Eberhard Diepgen (CDU) nicht genügend geleistet. Dringend nötig sei eine Investorenleitstelle, die Unternehmen die Ansiedlung in Berlin erleichtere. Unterschiede zeigen sich nur in Nuancen: Momper präsentiert sich unternehmerfreundlicher. Die Wertermittlung eines Grundstückes dürfe nicht acht Wochen dauern. Außerdem müßten Kaufvertäge gemacht werden, „die Investoren entgegenkommen“. Ihnen müßten „preiswerte“ Flächen angeboten werden, ergänzte er später. Böger hingegen verteidigte die derzeitige Wertermittlung. Soll heißen: Das Landesvermögen darf nicht verschleudert werden.

Auch an die Privatisierung von landeseigenen Unternehmen gehen beide unterschiedlich forsch heran: Während Böger von Fall zu Fall abwägen will, ob die Privatisierung die beste Lösung ist, ist Momper überzeugt, daß die Privatwirtschaft die Aufgaben auf jeden Fall effizienter und wirtschaftlicher wahrnehmen könne.

Mompers Redefluß ist kaum zu stoppen, Böger wirkt ein wenig angestrengt. Er hebt hervor, daß er als „Antreiber“ der Großen Koalition mit dafür gesorgt habe, die Privatisierung von Bewag und Gasag sozialverträglich zu gestalten. Als Momper aus dem Publikum vorhalten wird, daß er sich vor zwei Jahren für betriebsbedingte Kündigungen im öffentlichen Dienst ausgesprochen hatte, distanziert er sich erneut von dieser Position. Der verhaltene Beifall der rund 200 versammelten Genossinnen und Genossen verteilt sich etwa gleichmäßig auf die beiden Kontrahenten. Schon nach einer Stunde lichteten sich die Reihen. Momper meinte: „Vielleicht wäre es besser gewesen, wenn wir den langen Samstag für Einkäufe genutzt hätten.“ Dorothee Winden