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Eisschollenjagd in der Antarktis

■ Bremerhavener Alfred-Wegener-Institut versucht Polarstation zu retten / Eisbrecher „Polarstern“ von Seestadt ausgelaufen

Bremerhaven. Ein lauter Knall erschütterte Anfang Oktober das ewige Eis der Antarktis. Vom Eispanzer des antarktischen Festlandsockels war ein riesiger Brocken abgebrochen, der seitdem ziellos durch den Ozean driftet. Der Knacks schreckte sogar Wissenschaftler auf der Nordhalbkugel auf, denn „an Bord“ des driftenden Eisberges reist deutsche Wertarbeit mit: Die Filchner-Sommerstation, ein Basislager für bundesdeutsche Eisforscher. Sie treibt auf der Scholle einer ungewissen Zukunft entgegen. Zur Bergung lief in der Nacht zum Mittwoch in Bremerhaven das Forschungsschiff „Polarstern“ mit Kurs auf Filchner aus.

Der kräftige Eisbrecher soll im Januar zu der Eisscholle mit dem Namen „A 38 B“ vordringen. Mit der großangelegten Aktion wollen die Forscher des Alfred-Wegener-Institutes für Polar- und Meeresforschung (AWI/Bremerhaven) Materialverlust und Umweltschäden verhindern: Auf der unbemannten Filchner-Station befinden sich neben wertvollen Expeditionsgütern Tanks mit mehreren tausend Litern Flugbenzin.

Experten halten es jedoch für unwahrscheinlich, daß A 38 B schnell auseinanderbröckelt. „Die 2.900 Quadratkilometer große Scholle macht bislang einen sehr stabilen Eindruck“, sagt Hartwig Gernandt vom AWI. Fachleute auf der „Polarstern“ wollen Ende Januar 1999 mit dem Abbau der Station beginnen. Zur genauen Beobachtung gibt es Hilfe von der US-Weltraumbehörde Nasa mit besonders hoch auflösenden Satellitenfotos.

Nach einem Zwischenstopp in Kapstadt (Südafrika) wird die „Polarstern“ jedoch zunächst das neue Überwinterungsteam – zwei Frauen und sieben Männer – an der deutschen Neumayer-Station in der Antarktis absetzen. Von dort kehren andere Wissenschaftler zurück. Sie haben dann Weihnachten und Silvester sowie fast fünfzehn Monate im ewigen Eis hinter sich.

Das nach Anagaben des AWI gegenwärtig leistungsfähigste Polarforschungsschiff der Welt wird außerdem für ozeanographische und biologische Studien im antarktischen Weddellmeer eingesetzt. Zur Untersuchung der Eisbergdrift werden unter anderem zehn Eisberge mit Satellitensendern markiert und ein Jahr „elektronisch verfolgt“. Die Wissenschaftler wollen außerdem vier meteorologische Bojen für das Bojen-Netz eines weltweiten Klimaforschungsprogramms auf Eisschollen ausbringen. Eine Boje mit ozeanographischen Sensoren in der Nähe des Filchner-Eisbergs wird Daten über die Abgabe und Auswirkung von Schmelzwasser liefern.

Während des dritten Fahrtabschnitts vom 18. März bis zum 10. Mai stehen Untersuchungen zum globalen Kohlenstoffkreislauf im Mittelpunkt der wissenschaftlichen Arbeit an Bord. Die diesjährige Expedition soll unter anderem den Entwicklungszyklus der Algenblüte untersuchen und klären, welche Menge an organischem Kohlenstoff gegen Ende der Wachstumsperiode als totes Material in größere Meerestiefen absinkt.

Hans-Christian Wöste/dpa

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