Wenn der Chef geht, wird seine Abteilung aufgelöst

■ Die Kittlaus-Abteilung und ihre Aufarbeitung der DDR-Vergangenheit

Manfred Kittlaus geht, und auch bei der von ihm geleiteten Zentralen Ermittlungsstelle für Regierungs- und Vereinigungskriminalität (ZERV) gehen nach und nach die Lichter aus. Zumindest soweit es die Regierungskriminalität betrifft. Alle Delikte, die nicht in Zusammenhang mit Mord oder Totschlag stehen und bei denen bis zum Oktober 2000 noch kein Ermittlungsverfahren eingeleitet ist, verjähren dann. Sechs der Kommissariate werden bereits jetzt geschlossen.

Die danach bei ZERVII noch zu bearbeitenden Fälle, werden in einer Inspektion konzentriert und diese zu den Wirtschaftskriminalisten bei ZERVI verlegt. Sie verfolgen die Fälle von Wirtschaftskriminalität, die im Rahmen der deutschen Vereinigung und der Währungsumstellung begangen wurde. Dieser Teil der strafrechtlichen Aufarbeitung der DDR-Vergangenheit wird noch bis zum Jahr 2003 weitergehen.

Bei der Gründung von ZERV, 1992, wurden aus allen Bereichen der Berliner Polizei Mitarbeiter zusammengezogen und 35 Beschäftigte bei der Verkleinerung des Verfassungsschutzamtes zu ZERV überführt. Weitere Beamte sollten nach einem Bund-Länder- Vertrag aus den alten Bundesländern abgeordnet werden, da die Aufarbeitung des DDR-Unrechts als gesamtdeutsche Aufgabe galt. Erfüllt wurde diese Vereinbarung jedoch allenfalls zu 85 Prozent.

Von Anbeginn hatte Berlin die personelle und finanzielle Hauptlast zu tragen. Rund ein Viertel der Gesamtkosten (1998 rund 32 Millionen Mark) muß der Berliner Haushalt aufbringen. Derzeit arbeiten bei ZERV 325 Beamte und Angestellte. Mit Jahresbeginn 1999 werden nun 18 Berliner Ermittler auf ihre alten Stellen zurückversetzt. Für die rund 150 abgeordneten Beamten werden Aufwandsentschädigung und Reisekostenpauschale auf die Hälfte reduziert. Schrittweise werden auch sie auf ihre Heimatdienststellen zurückkehren.

Seit ihrem Bestehen hat die ZERV insgesamt rund 21.000 Ermittlungsverfahren eingeleitet, etwa 16.000 davon im Bereich der Regierungskriminalität: gegen Mitglieder des DDR-Politbüros, Mauerschützen und Dopingfälle im DDR-Leistungssport. Mit der Statistik der Staatsanwaltschaft sind diese Zahlen nicht direkt kompatibel. Bei der mit 52 Staatsanwälten besetzten Staatsanwaltschaft II waren es bisher 22.550 Verfahren, 21.776 sind abgeschlossen. Die Differenz erklärt sich aus der teilweise unterschiedlichen Zuständigkeit.

Angesichts solcher Größenordnungen sind die weiteren Zahlen eher ernüchternd. Für 877 Verdächtige führten die Ermittlungen auch zur Anklage. Rechtskräftig verurteilt wurden 211 Beschuldigte, mehrheitlich zu Bewährungsstrafen, lediglich 22 erhielten Freiheitsstrafen ohne Bewährung.

Die Staatsanwaltschaft II wird zum 30. September 1999 ebenfalls aufgelöst. Auch dort kehren die 35 abgeordneten Staatsanwälte dann in ihre Entsendeländer zurück. Noch offene Verfahren werden hier anschließend im Rahmen einer dann wieder einheitlichen Staatsanwaltschaft abgearbeitet. Otto Diederichs