■ SPD und Grüne besetzen Posten in der Rundfunkkontrolle
: Die ganz normale Schamlosigkeit

Medienpolitik ist Machtpolitik. Wenn man möglichst viele Parteienvertreter in den Schaltstellen der Rundfunk- und Fernsehanstalten plaziert, dann ist das gut für die jeweilige Partei. Das hat in der Bundesrepublik, wo Journalisten lange Zeit nur dazu da zu sein schienen, die Agenden der Fraktionen nachzubeten, noch jede Partei kapiert, die einen Zipfel von der Macht abbekam.

Gestern waren es SPD und Bündnisgrüne, die dieses alte Spiel gespielt haben. Wenn das neue Kabinett die Kontrollposten beim ZDF sowie bei Deutschlandradio und Deutsche Welle mit einigen ihrer mächtigsten Politiker besetzt hat, dann ist das zunächst nur die ganz normale Schamlosigkeit. Das ZDF beispielsweise galt als ein CDU-Sender, nun soll es ein Rot- Grün-Sender werden – denn welcher Intendant hätte sich je den Begehrlichkeiten der Mehrheit in seinen Kontrollgremien verweigert? Schließlich steht's auch so im Gesetz: Wer regiert, besetzt die Posten. Und warum sollte es die neue Mehrheit anders machen als die alte?

Doch SPD und Grüne halten sich nicht damit auf, das alte Spiel weiterzuspielen. Sie treiben es noch doller: Nicht nur, daß beim ZDF mit Bodo Hombach, Otto Schily und Uwe-Karsten Heye künftig gleich drei Kabinettsmitglieder in den Kontrollorganen sitzen – sie sind noch dazu solche, die von Medien nicht allzuviel verstehen.

Von Anfang an machte die neue Mehrheit deutlich, daß sie mehr will: Da wurde Hessens SPD-Staatskanzleichef Hans-Joachim Suchan als Verwaltungschef direkt in der Spitze des ZDF plaziert. Und zugleich wurden Pläne kolportiert, wie man ihn oder einen anderen SPD-Mann später zum Intendanten machen könnte. Die Sozialdemokraten haben ohnehin selten lange gefackelt, wenn es um die öffentlich- rechtlichen Sender ging. Nun wollen die Bündnisgrünen es ihnen gleich tun: Jetzt sei man Regierungspartei, jetzt müsse man auch Rundfunkratsposten besetzen wie alle anderen, erklärte Parteichef Jürgen Trittin gleich nach der Wahl.

Die öffentlich-rechtlichen Sender sollen die Politik kontrollieren. Und nicht umgekehrt. Diese schlichte Wahrheit wurde in der Vergangenheit von Grünen und einigen SPDlern stets bemüht, wenn die CDU allzu dreist Sender wie BR oder MDR mit Parteijournalisten versorgte. Doch jetzt sind ihnen ein paar freundliche Kommentare lieber. Lutz Meier