Abschied vom kurzen Atem

■ Arbeitsmarkt-Experten fordern langfristige ABM-Projekte vor allem für Ostdeutschland

Wer eine ABM-Stelle gefunden hat, lebt von der Hand in den Mund. Nach einem Jahr bangt man schon, nach zwei Jahren ist meist Schluß. Entsprechend streicht das Arbeitsamt die Finanzierung, und die Tretmühle aus Arbeitslosigkeit, Jobsuche und nächstem ABM-Antrag beginnt aufs Neue. Hunderttausende gerade in Ostdeutschland haben so die vergangenen neun Jahre zugebracht.

„Spießrutenlaufen“ nennt das Rolf Schmachtenberg, Abteilungsleiter im brandenburgischen Arbeitsministerium. Mit KollegInnen aus Thürigen und Sachsen-Anhalt sowie östlichen Gewerkschaftsfunktionären strebt Schmachtenberg eine grundsätzliche Richtungsänderung der „Arbeitsmarktpolitik in den neuen Bundesländern“ an, wie das am Mittwoch abend in der Berliner Gewerkschaftszentrale veröffentlichte Memorandum heißt.

Angesichts der Schwäche der Wirtschaft zwischen Elbe und Oder solle der Staat seine Rolle als Arbeitgeber und Finanzier öffentlicher Beschäftigung ernster nehmen, forderte Michael Guggemos von der Otto-Brenner-Stiftung, die das Memorandum herausgibt.

Als Kernpunkt schlagen die AutorInnen vor, die Finanzierung von Arbeitsfördermaßnahmen wesentlich zu verlängern. Die Fristen von ein bis drei Jahren sollen fallen. Statt dessen plädiert man für kombinierte Bund-Länder-Programme, die durchaus fünf Jahre oder länger dauern könnten.

Bis zu 200.000 staatlich geförderte Jobs hoffen Schmachtenberg & Co. zusätzlich zu schaffen – ohne, daß mehr Geld dafür aufgebracht werden müsse. Der Trick sei, vorhandene Programme neu miteinander zu kombinieren.

Die Arbeitsmarktpolitik der anderen Art soll sich vornehmlich an Arbeitslose über 50 Jahre und jugendliche Erwerbslose richten. Für erstere könnten Kommunen Jobs in der „Gemeinwesenarbeit“ einrichten, womit zum Beispiel Pflegedienste, Altenbetreuung und Bildungsarbeit gemeint ist. Für jüngere Arbeitslose peilt das Memorandum „investive Maßnahmen“ an: Bau von Radwegen, Straßenbau, Denkmalpflege. Die Arbeiten sollten möglichst ausgeschrieben werden, damit im Wettbewerb der beste Anbieter den Zuschlag für die öffentlichen Gelder erhalte. Hannes Koch