Zuckerbrot statt Peitsche für Birmas Generäle

■ Westliche Regierungen, die Weltbank und die UNO versuchen mit einer neuen Strategie des Geldes die harte Haltung der birmesischen Militärjunta gegenüber der Opposition aufzuweichen

Bangkok (taz) – Nachdem alle Sanktionen der letzten Jahre das Militärregime in Rangun nicht zu politischen Reformen zwingen konnten, soll es nun mit viel Geld überredet werden. Die seit 1962 das Land in unterschiedlicher Zusammensetzung und unter verschiedenen Namen regierende Junta hüllt sich bisher allerdings noch in Schweigen.

Bereits im Oktober hatten sich still und leise 20 RegierungsvertreterInnen aus Europa, Nordamerika und Asien zusammen mit fünf in Rangun stationierten Botschaftern und einigen UNO- und Weltbankleuten in einem kleinen Ort in Südengland getroffen. Ihre Erkenntnis: Die birmesischen Generäle waren bislang weder vom wirtschaftlichen und diplomatischen Boykott zu beeindrucken, wie er besonders in den USA und der EU befürwortet wird, noch von der sogenannten „konstruktiven Zusammenarbeit“ der asiatischen Nachbarstaaten.

Deshalb, so der Plan, sollte unter dem Schirm der UNO eine stille Diplomatie beginnen, die mit großzügiger Entwicklungshilfe versüßt würde. Die Idee: Wenn die Junta sich bereit erklärte, die politischen Gefangenen freizulassen und mit Oppositionsführerin Aung San Suu Kyi bedingungslos zu verhandeln, sollten über die Weltbank Gelder im Umfang von einer Milliarde US-Dollar für zunächst humanitäre und später technische Projekte freigegeben werden.

Hinter diesem Treffen steckte wachsende Ratlosigkeit und Sorge: Die demokratische Opposition steht mit dem Rücken an der Wand. Mit Massenverhaftungen und schweren Schikanen hat es die Militärjunta in den vergangenen Monaten geschafft, die „Nationale Liga für Demokratie“ (NLD) Aung San Suu Kyis in weiten Teilen des Landes zu ersticken.

Etwa 700 Parteimitglieder sitzen derzeit nach Informationen birmesischer Exilorganisationen in den berüchtigten Gefängnissen des Landes. Darunter sind 182 Abgeordnete, die bei den von der Junta nie anerkannten Wahlen 1990 ins Parlament gewählt wurden. Mehr als 1.200 Parteimitglieder wurden im Herbst – zum Teil monatelang – in „Gästehäusern“ der Geheimpolizei festgehalten. Sie kamen erst frei, nachdem sie sich zermürbt bereit erklärt hatten, aus der NLD auszutreten. In 14 Städten und Bezirken wurden alle Parteibüros geschlossen.

Die Friedensnobelpreisträgerin Aung San Suu Kyi lebt nach wie vor fast völlig isoliert in ihrem Haus in der Universitätsstraße von Rangun. Soldaten verhindern den Zugang zu ihrem Grundstück. Bislang hat die Politikerin, die das Ausland in der Vergangenheit stets zum Wirtschaftsboykott und zu scharfen politischen Sanktionen gegenüber dem Regime aufrief, auf die neue diplomatische Initiative nicht öffentlich reagiert. Sie sei aber skeptisch und gebe dem Plan kaum Chancen, heißt es in Oppositionskreisen. Oppositionelle befürchten, die Junta könnte nur zum Schein auf das Angebot eingehen und nach der Auszahlung der Gelder unter einem Vorwand erneut wieder gegen die Opposition vorgehen.

Die Kommentare in der scharf kontrollierten birmesischen Presse lassen erkennen, daß auch die Junta von dem Angebot wenig hält: Sie seien „mit Dollars nicht zu kaufen“ schrieb kürzlich die regimetreue Tageszeitung New Light of Myanmar.

Wer würde denn davon profitieren, fragte das Blatt, wenn für eine Milliarde Dollar „die Frau eines weißen Ausländers“ auf die politische Bühne gehievt würde? Aung San Suu Kyi, die mit einem britischen Wissenschaftler verheiratet ist, wird täglich mit – vielfach rassistischen – Karikaturen in den Zeitungen verhöhnt.

Zwar brauchen Birma und auch die Armee dringend ausländische Hilfe, da die Wirtschaft des Landes völlig zerrüttet ist. Doch offenbar gibt es immer noch starke Kräfte in der Junta, die sich eher wieder – wie in den 26 Jahren bis 1988 – ganz von der Außenwelt abschotten würden, als mit der verhaßten Opposition zu verhandeln. Anfang Januar will der stellvertretende UN- Generalsekretär Alvaro de Soto erneut zu Gesprächen nach Rangun reisen und versuchen, die Junta vom internationalen Angebot zu überzeugen. Noch ist kein Licht am Ende des Tunnels zu sehen. Jutta Lietsch