Eine ziemlich schmutzige Dreiecks-Connection

■ „Evitas Geheimnis“ widmet sich mit viel Fleißarbeit und Fakten einer bedeutsamen Reise, auf der die legendäre Argentinierin Eva Duarte Perón durch Nachkriegseuropa tourte (20.45 Uhr, Arte)

Nein, trotz des populistischen Titels ist „Evitas Geheimnis“ keine neue Strophe von „Don't cry for me Argentina“ oder der „Legende Evita“, wie sie unlängst erst wieder in der ARD zu sehen war. „Sie war ein ausgemachtes Miststück, das nichts interessierte als Macht“, stellt da zu Anfang der Einstundendokumentation der weißhaarige Fabian Philip, Sproß einer Berner Einwandererfamilie in Buenos Aires, klar. Auch der Untertitel „Die Schweizer Reise“ verrät wenig über die Brisanz des Sujets.

Nein, was der Eidgenosse Frank Gaberly zu Tage fördert, müßte viel mehr „Schmutzige Schweizer Geheimnisse“ heißen. Schließlich geht es um Geheimnisse, deren Enthüllung schon genauso lange aussteht, wie der Dokumentarist selbst alt ist. Gaberly, der seit zehn Jahren fürs Schweizer Fernsehen arbeitet, ist 1947 geboren – in jenem Jahr also, in dem Eva Duarte Perón drei Monate lang eine für die Dreiecks- Connection zwischen der Schweiz, deutschen Kriegsverbrechern und der faschistoiden Diktatur der Peróns in Argentinien bedeutsame Europareise unternahm, die in Franco-Spanien begann, zu einer Audienz bei dem als Faschistenfreund bekannten Papst Pius XII, nach Portofino zu dem schwerreichen Perón-Gönner Dodero (dessen Schiffe u.a auch unzählige mit Schweizer Pässen ausgestattete Nazis nach Argentinien schafften) und über Frankreich schließlich noch für drei Wochen die Schweiz führte.

Als Journalist hat Gaberly die Rolle der nach außen neutralen Schweiz im Europa der Nazi-Diktaturen zu einem seiner Hauptthemen gemacht. Im vergangenen Jahr etwa half er mit „Hitlers Sklaven – Zwangsarbeiter in Schweizer Firmen“ der sich beschämend dahinschleppenden Entschädigungsdebatte auf. Auch darin machte sein Land keine besonders gute Figur. Doch jetzt erscheinen die eidgenössischen Banker, aber auch die Diplomatie, das Außenministerium und selbst der Bundesrat in noch düsterem Licht. Gestützt auf Archiv-, Foto- und Filmmaterial, Bankunterlagen, argentinische Zeitzeugen, Profi-Rechercheure, Autoren, Historiker und den Sprecher einer von Präsident Carlos Menem eingesetzten Untersuchungskommission häuft Fleißarbeiter Gaberly Namen um Namen und Fakten um Fakten auf.

Seltsamerweise gelingt es Gaberly aber nicht, die Puzzleteile wirklich zusammenzufügen. So bleiben tatsächlich Fragen offen, einfach so. Beispielsweise die, was „Evitas Geheimnis“, ihr Vermögen nämlich, nun genau mit jener Schweizer Reise und beides mit einem „Hinweis“ zu tun haben, den Untersuchungskommissionssprecher Ignacio Klich zum Schluß aus einem Dokument des argentinischen Justizministeriums von 1955 zitiert. Danach hat „ein Vertrauter Hitlers in Madrid“ folgende Kleinigkeiten „für Perón hinterlegt“: „1.222 Kilo Diamanten, 1.032 Kilo Gold, Aktien deutscher Großunternehmen im Wert von 93 Millionen Reichsmark, sechs Millionen Holländische Gulden und mehrere Millionen Argentinische Pesos.“ Wann und wo, sagen weder er noch Filmautor Gaberly. Leider. Ulla Küspert

Zum Nachlesen: Die Züricher „Weltwoche“ veröffentlichte am 19.11.98 unter dem Titel „Evita und die Schlepper“ einen längeren Beitrag, der mit dem Filmtext nahezu identisch ist. (Im Internet unter: http://www.

weltwoche.ch/4798/47.98.evita.html)