Atommüll ab 1999 zurück an Absender

■ Frankreich will deutschen Atommüll zurückschicken. AKW-Betreiber Preag protestiert gegen Trittins Ausstiegsgespräche

Hannover (taz) – Zumindest zwischen dem hannoverschen Energieversorger PreussenElektra und dem französischen Wirtschaftsminister Dominique Strauss-Kahn klappt die deutsch- französische Zusammenarbeit bei der Atomkraft noch bestens. In zwei zeitlich koordinierten Briefen haben sich Ende letzter Woche der PreussenElektra-Vorstand und der französische Minister für Wirtschaft, Finanzen und Industrie für die Wiederaufarbeitung abgebrannter Brennelemente in Frankreich bei der französischen Cogema stark gemacht.

Ganz offiziell über den französischen Botschafter in Bonn wurde ein Schreiben von Strauss-Kahn an seinen Bonner Amtskollegen Werner Müller (parteilos) übermittelt. Der französische Minister verlangt darin nicht nur eine Einhaltung „der bereits unterzeichneten Verträge über die Wiederaufarbeitung“. Strauss-Kahn „legt auch großen Wert darauf“, daß die Transporte von Atommüll aus der Wiederaufarbeitung in deutsche Zwischenlager „zu Beginn des Jahres 1999 wiederaufgenommen werden“. Offenbar soll die Drohung mit baldigen Castor-Transporten der weiteren Wiederaufarbeitung den Weg ebnen.

Ebenfalls am vergangenen Freitag hat der Vorstand der an der Cogema beteiligten PreussenElektra einen Brief an Bundesumweltminister Trittin verfaßt. PreussenElektra-Chef Hans-Dieter Harig bezeichnete darin die ersten Gespräche von Beamten des Bundesumweltministeriums mit englischen und französischen Kollegen über ein Ende der Wiederaufarbeitung empört als „einen völlig unangemessenen und kontraproduktiven Eingriff in die zwischen uns und unseren ausländischen Partnern bestehenden Vertragsverhältnisse“. Dem folgt die „dringende Bitte, derartige Verhandlungen zukünftig ohne Abstimmung mit uns zu unterlassen“.

Interessant an dem Brief von Strauss-Kahn ist jedoch, wie er die Verträge beschreibt, deren Einhaltung er einfordert: „Darin ist vor allem die Rücknahme der bei der Wiederaufarbeitung anfallenden Abfälle durch die deutschen Elektrizitätsversorgungsunternehmen vorgesehen“, faßt Strauss-Kahn die deutsch-französischen Regierungsvereinbarungen zusammen. Von einer Verpflichtung, weitere Brennelemente nach Frankreich zu liefern, oder gar von Entschädigungsforderungen findet sich kein Wort. Konkret verlangt Strauss- Kahn nur die regelmäßige und störungsfreie Rücknahme der Abfälle.

Der Brief von Strauss-Kahn enthalte nichts, über das nicht bereits vorher auf bilateraler Ebene gesprochen worden sei, sagte denn auch gestern der Sprecher des Bundesumweltministeriums, Michael Schroeren. Die Verträge über die Rücknahme der WAA- Abfälle seien unstrittig und würden erfüllt. „Der Wunsch Frankreichs nach einer schnellen Wiederaufnahme der Rücktransporte ist verständlich“, sagte Schroeren. Voraussetzung dafür sei allerdings, daß die Sicherheit dieser Transporte erfüllt sei. Die Behälter der Cogema, mit denen die WAA-Abfälle transportiert werden, hätten in der Vergangenheit Anfälligkeit für Außenkontaminationen gezeigt. Von deutscher Seite werde zur Zeit ein Kriterienkatalog erarbeitet, der die Grundlage für weitere Transporte sein solle. Ein Konzept für diesen Kriterienkatalog, das anschließend noch bewertet werde müsse, wolle eine Arbeitsgruppe von Bund, Ländern und des Transporteurs GNS Ende Januar vorlegen.

Die Kritik der PreussenElektra, das Bundesumweltministerium habe sozusagen in privatrechtliche Verträge hineinverhandelt, wies Schroeren gestern energisch zurück. Ein Beamter des Bundesumweltministeriums, auf den der Brief der PreussenElektra Bezug nehme, habe auf einem deutsch- französischen Routinetreffen lediglich ein Szenario zur Debatte gestellt und keineswegs eine offizielle Verhandlungsposition der Bundesregierung vorgetragen. Jürgen Voges