Rosen im Winter

■ Nimm zwei: Über Ursula Mock, ihren Kunstraum und die Abwesenheit der zwölften Position

Manchmal kann Ursula Mock ziemlich resolut sein. „Wer dumm ins Museum geht, kommt auch dumm wieder heraus“, kanzelt die ansonsten bemerkenswert sympathische Kunsthistorikerin den zeitgeistigen Kulturkonsum ab. Seit fast vier Jahren setzt die von Köln nach Bremen gekommene Ursula Mock in ihrer Galerie an der Graf-Moltke-Straße dem Betrieb ihre eigenen Antworten entgegen. Wer – wie jetzt in der neuen Gruppenausstellung im „Kunstraum Ursula Mock“ – nicht dumm bleiben will, muß sich schon etwas Zeit nehmen für die Kunst.

Seit Februar 1995 scharte Ursula Mock nach und nach die zwölf Künstler und Künstlerinnen um sich, die sie jetzt als Galeristin vertritt. „Neue kommen wohl nicht mehr dazu“, sagt Ursula Mock. „Nicht, weil die schlechter wären, sondern einfach, weil es meine Kapazitäten sprengen würde.“ Mock setzt auf langfristige Zusammenarbeit, auf ein Miteinander wachsen, statt sich immer neuen Positionen zu widmen.

Dabei sind „ihre“ KünstlerInnen keine homogene Versammlung. Vom jungen Vitor Ramos aus Portugal bis zum schon bekannteren Bildhauer Jens Trimpin aus Mannheim, der zur Zeit auch in der „Babylon“-Ausstellung im Gerhard-Marcks-Haus teilnimmt, von der Japanerin Mutsumi Okada bis zu den Bremerinnen Barbara Wagner, Barbara Deutschmann und der ebenfalls hier lebenden Gloria del Mazo reicht das Programm. Ursula Mock umreißt es mit dem Begriff „konkrete Kunst“, ohne sich allerdings von solchen Kategorisierungen einschränken zu lassen.

So findet sich in der aktuellen Gruppenausstellung im „Kunstraum“ eine Arbeit von Jutta Kritsch. Sie besteht aus zwei Schneekugeln. In beiden Kugeln blüht eine kitschige Rose. Über den Sinn dieser Doppelung gibt der Titel der Ausstellung Aufschluß: „zwei mal“ stand diesmal auf den Einladungskarten. Ein Titel, der laut Mock auch den KünstlerInnen erst einmal Rätsel aufgab: Als Paare bieten sich sämtliche Arbeiten dar, und auch paarweise sind sie nur zu erstehen. Gruppenausstellungen, bei denen jeweils alle zwölf Schäflein von Ursula Mock zu einem von ihr vorgegebenen Thema arbeiten, bieten einmal im Jahr in Ergänzung zu vier Einzelausstellungen einen Überblick über das Galerieprogramm.

Ein Ausstellungsstück fehlt zur Zeit noch – besser gesagt, es ist vorerst nur als Skizze zu sehen. Erst im Januar wird das Objekt von Christiane Maier aus Basel die Schau ergänzen. Es besteht aus vier Kästen aus Birnbaumholz und vier darinliegenden, schwarz und weiß gefärbten Betonquadern. Beim Gießen der Quader gingen zwei Versuche daneben. Der noch nicht ausgetrocknete Beton sprengte die Holzkästen, weshalb Maiers Arbeit zum nunmehr dritten Mal gegossen werden muß.

Unter ihrer Skizze hängt ein Blatt mit dem Titel „Gespräch im Betonwerk“. Darin beschreibt ein Fabrikarbeiter nicht nur die zu schleifenden Betonteile mit mustergültiger Schlichtheit, sondern trifft dabei auch noch den Kern ganzer Generationen der minimal art: „Sie sind schön / Sie sind nicht zu gebrauchen.“ Das wenigste, was im „Kunstraum“ zu sehen ist, erschließt sich BetrachterInnen sofort. Ursula Mock hält sich aber mit Interpretationen zurück. Ihre Empfehlung: Vorbeikommen und schauen. Sich Zeit für die Kunst nehmen. Und an den mutmaßlichen Betonwerker denken. Der sagt: „Bei mir gibt es nur Sachen, die ich gebrauchen kann.“ Doch der noch feuchte Beton läßt Christiane Maiers Kasten aus Birnbaumholz erbeben und zersplittern. Manchmal scheitern eben pragmatische Menschen an einer stärkeren künstlerischen Idee.

Andreas Schnell/ck

„zwei mal“ noch bis zum 20. Januar im „Kunstraum Ursula Mock“ an der Graf-Moltke-Straße 59. Öffnungszeiten: Mo-Fr 16-21 Uhr, Sa 11-14 Uhr und nach Vereinbarung