„Schäuble hätte sich nicht einmischen sollen“

■ Der Rechtsexperte der CDU, Horst Eylmann, kann den Widerstand einiger seiner Parteifreunde gegen eine mögliche Zulassung der Abtreibungspille RU486 „überhaupt nicht nachvollziehen“

Das Thema tauchte vor der Wahl schon einmal auf. Soll die umstrittene Abtreibungspille RU486 auch in Deutschland zugelassen werden? Ja, sagten Frauen und Männer fast aller Parteien. Nun, da die rot- grüne Bundesregierung, anders als ihre Vorgängerin, einer Zulassung des Mittels nicht ablehnend gegenübersteht, schlägt die Stunde der Abtreibungsgegner. Sie fürchten, der medikamentöse Abbruch könnte die strengen Indikationen des Gesetzes außer Kraft setzen. Horst Eylmann, CDU, gehört zu den Befürwortern der Pille.

taz: Die mögliche Zulassung der Abtreibungspille RU486 bringt Vertreter der katholischen Kirche und Politiker der CDU auf die Palme. Können Sie den Widerstand verstehen?

Horst Eylmann: Überhaupt nicht. Ich kann weder die Stellungnahme der CDU noch die Äußerungen der katholischen Kirche nachvollziehen. Eigentlich sollte es doch nicht so schwer sein zu begreifen, daß es sich hier nicht um die Diskussion pro oder contra Schwangerschaftsabbruch handelt. Es geht nur um die Frage: Wenn ein Abbruch vorgenommen werden soll und darf, wie kann er auf schonende Weise vorgenommen werden? Und das hat allein der Arzt gemeinsam mit der Schwangeren zu entscheiden.

Bundeskanzler Schröder begrüßt es, wenn Frauen die Wahl zwischen einem chirurgischen oder medikamentösen Abbruch hätten. Der CDU-Vorsitzende Wolfgang Schäuble sagt, wenn der Kanzler sich einmische, entstehe der Eindruck, man wolle Abtreibungen leicht machen. Was treibt Herrn Schäuble um?

Ich weiß es nicht. Aber Schäuble hätte sich nicht einmischen sollen. Diese Diskussion ist doch völlig irrational. Nach meinem Kenntnisstand ist es so, daß für manche Frauen der medikamentöse Weg besser ist und für andere Frauen die herkömmliche Methode. Das sagen Mediziner und Psychologen. Und niemand will die Pille in die Apotheke geben. Sie soll doch unter klinischer Aufsicht eingenommen werden. Mit der Zulassung der Pille nimmt doch nicht automatisch die Zahl der Abbrüche zu.

Wie wirkt Schäubles Kritik in die CDU hinein?

Er tut unserer Partei überhaupt keinen Gefallen, wenn er sich einmischt. Bei der Diskussion um die RU486 geht es nur allein um die Frage, wie Frauen schonender abtreiben können, und nicht darum, Abtreibungen per se leichter zu machen. Wer dies nicht begreift, will Frauen wohl einfach nur vor einem Schwangerschaftsabbruch abschrecken. Ich halte es für völlig verfehlt, jetzt erneut die Abtreibungsdiskussion zu führen. Wir haben nach so vielen Schmerzen eine gesetzliche Regelung zum Schwangerschaftsabbruch hinbekommen, die gilt. Jetzt in dieser Frage noch Nachhutgefechte zu führen, schützt das menschliche Leben nicht. Im übrigen wäre es gut, wenn sich die Politik in das Verfahren um die Zulassung eines Medikamentes überhaupt nicht einmischen würde.

Aus der Perspektive des Bundestagsruheständlers läßt sich das leicht sagen.

Ich bin ein Ex-Bundestagsabgeordneter, der sich jeden Tag darüber amüsiert, wie Leute meiner Partei jetzt in Fragen die große Diskussion verlangen, die ich schon vor zehn Jahren gefordert habe. Interview: Annette Rogalla