Das Portrait
: Alle Kunst dem Volke!

■ "Two Large Forms"

Sie ist sinnlich. Nicht nur für Augen, sondern auch für Hände gemacht. An der Skulptur „Two Large Forms“ findet der Betrachter keine einzige Ecke oder Kante, schon gar keine scharfe. Rund geschliffen ist die Plastik und fühlt sich beinahe organisch-lebendig an. Es macht Spaß, mit der flachen Hand darüber zu streicheln.

Dummerweise können Menschen „Two Large Forms“ gar nicht anfassen. Außer sie besitzen einen Ausweis, der zum Eintritt ins Bundeskanzleramt in Bonn berechtigt. Und wer hat den schon? Das ist schade, denn Henry Moore, der „Two Large Forms“ geschaffen hat, wollte eigentlich, daß sein Kunstwerk erfahrbar ist. Die Leute sollten drum herumgehen können, es berühren und ihre Köpfe durch die großen Öffnungen stecken.

Wie gesagt, ohne Ausweis geht das alles nicht, und wer nicht Politiker, Beamter oder Journalist ist, kann „Two Large Forms“ nur im Fernsehen begucken. Ein paar Sekunden ist die Skulptur fast jeden Abend in den Nachrichten zu sehen, wenn schwarze Limousinen vor den Zweckbauten des Kanzleramtes auffahren. Helmut Schmidt möchte, daß auch „Two Large Forms“ nach Berlin gebracht wird, wenn im nächsten Jahr die Regierung in die Hauptstadt zieht. Die Skulptur sei „inzwischen ein Symbol für die zentrale Regierungsgewalt in Deutschland geworden“, hat Sind die „Two Large Forms“ bald in Berlin zu sehen?Foto: AP

er Gerhard Schröder geschrieben. Außerdem hat es Schmidt auch eine Menge Mühe gekostet, bis 1979 die „Two Large Forms“ im Garten des Kanzleramtes aufgestellt wurden. Der damalige Kanzler mußte höchstselbst ins englische Much Hadham reisen, wo der Künstler Henry Moore lebte. Der damals schon achtzigjährige Moore willigte schließlich ein, von vier Bronzegüssen den letzten, der noch in seinem Besitz war, als „langfristige Leihgabe“ der Bundesrepublik zu überlassen. Schmidt selbst hatte die „Two Large Forms“ aus dem reichen Werk Moores ausgesucht. Eine gute Wahl. Das findet auch die Oberbürgermeisterin von Bonn, sie möchte die Skulptur auch weiterhin am Rhein behalten. Dabei wäre der Umzug von Moores Werk eine Heimkehr. In Bronze gegossen wurde die Plastik einst in der Formgießerei Noack in Berlin. Ob sie vor dem neuen Kanzleramt aufgestellt wird, ist noch unklar. Auch, ob die Menschen sie dann anfassen dürfen. Robin Alexander