Schwere Vorwürfe aus London nach Geiselbefreiung im Jemen

■ Überlebende weisen die offizielle Darstellung zurück. FBI-Beamte und britische Spezialisten wollen ermitteln

London/Sanaa (dpa/AFP) – Der tragische Ausgang der Geiselbefreiung im Jemen hat zu schweren Spannungen zwischen der britischen und jemenitischen Regierung geführt. Das britische Außenministerium wirft den Behörden in Sanaa vor, bei der Aufklärung der Umstände der blutigen Aktion die „vollständige Zusammenarbeit“ zu verweigern. Die bisher vorgelegten Erklärungen seien „unbefriedigend“, hieß es in London. Auch die befreiten Geiseln richteten schwere Vorwürfe gegen die Sicherheitskräfte des südarabischen Landes.

Der Jemen besteht darauf, daß die Sicherheitskräfte erst eingriffen haben, nachdem die Entführer mit der „Erschießung“ von Geiseln begonnen hätten. Die Überlebenden sagten dagegen übereinstimmend aus, daß das Feuergefecht von den Sicherheitskräften eröffnet wurde. Dadurch seien die Kidnapper „in Panik“ geraten. Vier britische Anti-Terror-Spezialisten und Beamte der amerikanischen Bundespolizei FBI sind zur Aufklärung der Ereignisse in den Jemen geflogen.

Elf der Überlebenden haben gestern die Heimreise angetreten. Die acht Briten, zwei US-Amerikaner und ein Australier wurden am Abend in London erwartet. Die zwölfte gerettete Geisel liegt noch mit Verletzungen im Krankenhaus in der jemenitischen Hafenstadt Aden. Die Reisegruppe war am Montag von bewaffneten Entführern in der südlichen Provinz Abyan überfallen worden. Bereits 24 Stunden nach ihrer Gefangennahme wurde ihr Versteck in einer Bergregion etwa 120 Kilometer nördlich von Aden von Polizei und Militär gestürmt. In einem zweistündigen Feuergefecht starben drei Briten und ein Australier.

Die von einer anderen Entführergruppe unverletzt freigelassenen deutschen Geiseln verbrachten den Jahreswechsel in der Residenz der deutschen Botschafterin Helga Gräfin Strachwitz in Sanaa. Sie werden heute in Frankfurt erwartet. Außenminister Joschka Fischer (Grüne) dankte der Regierung in Sanaa für ihre „intensiven“ Bemühungen um die Freilassung der vor drei Wochen entführten Urlauber. In einem Schreiben an seinen Amtskollegen Abdulkader Ba Dschammal zeigte Fischer sich „außerordentlich erleichtert“ über das Ende der Geiselnahme. Jemenitischen Zeitungsberichten zufolge hatten die Entführer eine Million Mark Lösegeld und hohe Posten für Stammesangehörige in Militär und Verwaltung gefordert. In Sanaa hieß es, die Entführer hätten die Geiseln offenbar nach Gewaltandrohung von seiten der Behörden freigelassen.