■ USA: Präsident Clinton erhöht drastisch den Rüstungsetat
: Sprengkraft für die neue Weltordnung

Der amerikanische Verteidigungshaushalt beträgt seit dem Ende des Ost-West-Konflikts mehr als die Rüstungsausgaben der möglichen Gegner China, Rußland, Nord-Korea, Irak, Iran und Libyen zusammen. Dennoch kündigt Bill Clinton eine Geldspritze für das Pentagon von 100 Milliarden Dollar für die nächsten sechs Jahre an, die Republikaner im Kongreß wollen noch mehr. Hintergrund dieses Plans ist die sogenannte „militärisch-technische Revolution“.

Der Golfkrieg gab einen Vorgeschmack, was mit diesem Begriff gemeint ist: die Integration moderner Spitzentechnologie in Kriegführungsszenarien, die es ermöglichen sollen, mit einem Minimum an eigenen Verlusten jeden bewaffneten Konflikt zu gewinnen. Sensorische Techniken ermöglichen es auch auf große Entfernungen hin, optische, akustische, thermische, magnetische, elektronische und Radarsignale von stehenden und beweglichen Objekten zu empfangen und sich so ein perfektes Bild vom Gegner zu machen. Hinzu kommt Computertechnik, die diese Informationen sekundenschnell analysiert und den Zielen Waffensysteme und Munition zuordnet, sowie weitreichende, zielgenaue Trägersysteme, die im Zusammenspiel mit der Aufklärungstechnik noch im Anflug den Kurs korrigieren können. Tarn- und elektronische Störtechnik, die den Gegner an der Abwehr hindert, und konventionelle Munition mit hoher Zerstörungskraft komplettieren das Bild.

Für die Defensive geht es um die neuste Auflage von Reagans „Star Wars“, um den Schutz Amerikas vor den Raketen Chinas und Nord-Koreas, des Iran und des Irak, die – nach US-Befürchtungen – irgendwann im nächsten Jahrzehnt auf die USA regnen könnten. Bisherige Mißerfolge bei Versuchen in der Raketenabwehr schrecken die Planer nicht ab: Unverdrossen investieren sie weiter in teure Forschungs- und Entwicklungsprogramme, getrieben vom fanatischen Verlangen der Republikaner im Kongreß, den Reaganschen Traum endlich zu verwirklichen.

Fazit: Die Supermacht setzt immer weniger auf Abkommen, Abrüstung und internationale Organisationen und immer mehr ausschließlich auf die eigene militärische Stärke. Absolute und dauerhafte Überlegenheit in der Militärtechnik soll Grundlage der Weltordnung sein. Die alte Lektion wird vergessen: Rüstung provoziert Gegenrüstung, Machtpolitik stimuliert Gegenmacht. Für eine auf das Recht gegründete Ordnung sind heute nicht mehr die kleinen „Schurkenstaaten“ vom Schlage Iraks oder Libyens das Problem, auch nicht der Aufsteiger China oder der Absteiger Rußland. Das Problem liegt da, wo die Macht liegt: in Washington. Harald Müller

Leiter der Hessischen Stiftung Friedens- und Konfliktforschung