Berlin darf keine Tariftreue verlangen

■ Weil das Land beim Straßenbau eine Monopolstellung habe, dürfen von den beauftragten Firmen keine Tariflöhne mehr gefordert werden

Das Land Berlin darf die Tariftreue-Erklärung im Straßenbau nach einem Beschluß des Bundesgerichtshofs (BGH) nicht mehr verlangen. Die Beschwerde des Senats gegen eine Anordnung des Kartellamts vom Oktober vergangenen Jahres sei damit zurückgewiesen worden, bestätigte gestern ein Amtssprecher.

Der Berliner Senat wollte in dem einstweiligen Verfahren erreichen, daß die Tariftreue-Erklärung vorläufig weiter angewendet werden kann. Berlin darf nun bis auf weiteres die Vergabe von Straßenbauaufträgen nicht mehr davon abhängig machen, daß die sich bewerbenden Unternehmen eine Tariftreue-Erklärung abgeben.

Das Kartellamt argumentiert, daß das Land bei Straßenbauaufträgen den Markt beherrsche. Die Regelung stelle eine unzulässige Diskrimierung dar, weil sie praktisch alle Unternehmen ausschließe, für die niedrigere Tariflöhne gelten, die nicht tarifgebunden seien oder mit Zustimmung der Betriebsräte legal niedrigere Löhne bezahlten.

Die Tariftreue-Erklärung war bereits vom Berliner Kammergericht im Mai 1998 in erster Instanz als rechtswidrig eingestuft worden. Das Gericht hatte damit die Wettbewerbshüter bestätigt, ließ aber Rechtsbeschwerde beim BGH zu. Weil der Senat die Vergabepraxis bis zur endgültigen BGH- Entscheidung aber nicht aussetzte, ordnete das Kartellamt mehrere Monate später die sofortige Vollziehung seiner Anordnung an. dpa