"Große Koalition ist eine Falle"

■ SPD-Urwahl-Kandidat Walter Momper wirft der Großen Koalition Rückschritte bei der Verkehrs- und der Kulturpolitik vor. 18-Punkte-Programm für die Zukunft Berlins vorgestellt

Walter Momper hat gestern bei der Vorstellung seines 18-Punkte- Programmes für Berlin die Große Koalition scharf angegriffen. „Für die Berliner SPD, aber auch für die Stadt ist die Große Koalition eine Falle“, sagte der frühere Regierende Bürgermeister, der sich erneut um die SPD-Spitzenkandidatur bewirbt. Die Koalition von CDU und SPD habe zwar wichtige Aufgaben in der Stadt gelöst, in vielen Bereichen sei sie jedoch für Rückschritte verantwortlich.

Momper nannte die Kultur- und Verkehrspolitik, die innere Sicherheit und die Integration von Immigranten. „Ich habe noch nie erlebt, daß eine Regierung ein so schlechtes Ansehen hat“, sagte Momper.

Sein 18-Punkte-Programm trägt denn auch den Titel „Keine Zukunft mit der Großen Koalition“. Ein vorweggenommenes Regierungsprogramm sei es nicht, sagte Momper, der sich für eine rot- grüne Koalition ausgesprochen hat. Vielmehr wolle er elf Tage vor der SPD-Urwahl am 17. Januar verdeutlichen, wofür er stehe.

Momper geht in dem eher allgemein gehaltenen Kurzprogramm vor allem auf die Themen Wirtschaft und Arbeit ein. Berlin brauche ein Innovations- und Gründerklima sowie eine neue Dienstleistungskultur. Er schlägt zudem eine breitangelegte Qualifizierungsoffensive für un- und angelernte Arbeitnehmer vor. Im Zentrum der Wohnungspolitik soll seiner Auffassung nach die Eigentumsbildung stehen. Momper spach sich auch für einen Dialog über die Ausgestaltung der Hauptstadtrolle Berlins aus.

Momper betonte, ein rot-grüner Senat werde ansiedlungsfreundlich sein. Die in Berlin ansässigen Betriebe müßten zudem besser „gepflegt“ werden, indem ihnen die nötige Infrastruktur bereitgestellt werde. „Wir werden um jeden Betrieb kämpfen“, versicherte Momper mit einem Seitenhieb auf seinen Urwahl-Kontrahenten Klaus Böger. Bögers Aussage, man werde nicht jeden Betrieb in der Stadt halten können, sei verheerend, kritisierte Momper.

Doch was würde Walter Momper machen, wenn nach der Wahl am 10. Oktober dieses Jahres doch keine Mehrheit für Rot- Grün zustande käme? Eine Fortführung der Großen Koalition mochte er gestern nicht kategorisch ausschließen. Vor der Wahl 1989 hatte Momper eine Koalition mit den Grünen ausgeschlossen, was er angesichts des damaligen Wahlergebnisses revidieren mußte.

Aus dem Fehler hat Momper gelernt. Er machte gestern eine Verbeugung vor dem Wählerwillen: „Es wird das geliefert, was bestellt wird.“ Mit den Stimmen der PDS will er aber keinesfalls regieren. Dorothee Winden