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„Bitte bleib, hat er nicht gesagt“

Fußballnationalspieler Dietmar Hamann will seinen Arbeitgeber Newcastle United wieder verlassen. Trainer Ruud Gullit, glaubt Hamann, gebe ihm „keine faire Chance“  ■ Aus Newcastle Ronald Reng

Newcastle-upon-Tyne (taz) – Auf die Frage, ob der Trainer mit ihm gesprochen habe, antwortet Dietmar Hamann mit nein. Und fügt hinzu: „Ich habe mit ihm geredet.“ Der feine Unterschied ist dem deutschen Fußballnationalspieler wichtig. Er, der Spieler, habe auf Ruud Gullit zugehen und das Gespräch suchen müssen, von selbst sei der Trainer des englischen Erstligavereins Newcastle United nicht auf die Idee gekommen, sich mit ihm zu unterhalten.

Die Aussprache bestätigte allerdings nur den Eindruck, den Hamann in den Monaten zuvor dank Gullits Schweigen schon gewonnen hatte: Dem holländischen Trainer „liegt nichts an mir“. Deshalb wolle er den Tabellendreizehnten der Premier League im Juni, zum Ende dieses Spieljahres, verlassen, sagt Hamann. Er hat zwar einen Vertrag bis ins Jahr 2003, es habe sich jedoch nicht angehört, als würde ihn Gullit aufhalten: „Bitte, bitte, bleib, hat er nicht zu mir gesagt.“

So wird sein Ausflug zu den Elstern, wie Newcastles Spieler gerufen werden, wohl nicht mehr als eine kurze Episode bleiben. Er war als großer Aufbruch gedacht. Nachdem Hamann (25) sich bei der WM 1998 in Frankreich als verläßliche Kraft im deutschen Mittelfeld etablierte, sollte der Wechsel für 14 Millionen Mark Ablöse von Bayern München in den englischen Nordosten der nächste Karrieresprung werden.

Newcastle empfing ihn als Star, Hamann sah schon bald „einige Fans in Trikots mit meinem Namen auf dem Rücken“ und entdeckte neugierig die Besonderheiten des britischen Fußballs: „Kurz vor dem Spiel legen sich manche von den englischen Spielern noch in die Badewanne.“

Dann wurde nach dem zweiten Spieltag Kenny Daglish entlassen, der Trainer, der ihn angestellt hatte. Eine Chance, sich das Vertrauen des Nachfolgers zu erspielen, bekam er zunächst nicht; im ersten Match unter Gullit riß ein Innenband in Hamanns Knie, zehn Wochen Pause folgten. Richtig in Tritt ist er seitdem nicht mehr gekommen; Hamann weiß es selber. Doch daß er wie zuletzt des öfteren nur auf der Ersatzbank Platz findet, mag er nicht akzeptieren. Und Gullit leistet sich Schwächen, die es Hamann erlauben, die Schuld für die mißliche Lage nicht bei sich, sondern beim Trainer zu suchen.

Vor Weihnachten flog der Niederländer einfach für eine Woche zu seiner Familie nach Amsterdam, mitten in der Saison ließ er seinen Assistenten alleine mit dem Team trainieren, und Hamann fragte sich: „Wie soll ich Gullit denn zeigen, was ich kann, wenn er gar nicht da ist?“

Solche Erlebnisse passen in Hamanns Bild, daß er „keine faire Chance“ bekomme. Verunsichert durch die eigene Formkrise, irritiert über den Mißerfolg seines neuen Teams, angesteckt von der Frustration der anderen Ersatzspieler, hätte er ein paar aufmunternde Worte von Gullit gebraucht; auch wenn Dietmar Hamann das so nie uneingeschränkt zugeben würde: „Also, ich bin ja keiner, den man jeden Tag loben muß“, beginnt er, und das Aber folgt so gleich: „Aber ich hätte erwartet, daß er mir mal sagt, was er mit mir vorhat; schließlich habe ich ja ein paar Mark gekostet.“

Als Hamann Gullit nun schließlich zum Gespräch stellte, antwortete dieser ausweichend. Er wolle sich noch vier, fünf Wochen Zeit lassen mit der Entscheidung, ob der Deutsche in sein Team der Zukunft passe. Es ist bezeichnend für den modernen Fußball, daß sich Hamann nun bereits mit dem Abschied vertraut macht, statt in diesen vier, fünf Wochen alles zu versuchen, um den Trainer zu beeindrucken. Heutzutage erhalten Qualitätsspieler wie er so viele Offerten aus aller Herren Länder, daß sie bei geringsten Problemen die leichteste Lösung wählen: Sie ziehen weiter zum nächsten Klub.

Während dieser Saison will Hamann nicht mehr wechseln, „weil ich nichts Hals über Kopf mache“. Er wird im nächsten halben Jahr die Angebote sortieren, in „Spanien, Italien oder möglicherweise auch bei einem anderen englischen Klub“ will er anheuern. 1860 München würde ihn gerne verpflichten, meldet die Bild-Zeitung, was schön für 1860 ist, aber kaum realistisch. Eine Rückkehr in die Bundesliga nennt Hamann „unwahrscheinlich, ich möchte grundsätzlich gerne im Ausland bleiben“, weil dort grundsätzlich mehr zu erleben und verdienen ist.

Trotz allem bereue er den Umzug nach Newcastle nicht, sagt Hamann, der Versuch sei es wert gewesen. Ob er auch denkt, was er sagt, weiß nur er. So richtig was zu feiern hatte er im vergangenen Halbjahr jedenfalls nur einmal, Anfang Dezember, nach einem Spiel in Manchester. Glückselig verließ er da am frühen Morgen die Triumphfeier im Mannschaftsquartier – es war allerdings die Party seiner alten Kollegen vom FC Bayern nach deren Europapokalmatch bei Manchester United. Hamann war nur Gast.

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