Platzverbote gegen Drogendealer

■ Innenpolitiker von SPD und CDU einigen sich auf ein zeitlich befristetes Platzverbot für Drogendealer, Hütchenspieler und "aggressive" Bettler. Demonstranten sind nicht "Hauptzielgruppe", doch ist die Regel

Zur Verhütung von Straftaten kann die Polizei künftig ein zeitlich befristetes Platzverbot erteilen. Darauf einigten sich gestern InnenpolitikerInnen von CDU und SPD in einer Gesprächsrunde mit Innensenator Eckart Werthebach (CDU). Wie der CDU-Innenpolitiker Roland Gewalt erläuterte, richtet sich die Neuregelung vor allem gegen Drogendealer, Hütchenspieler sowie aggressives Betteln und illegale Prostitution.

Bisher war nur ein Platzverweis von maximal 24 Stunden möglich. Nun wird das Allgemeine Sicherheits-und-Ordnungs-Gesetz um folgende Passage ergänzt: „Die Polizei kann zur Verhütung von Straftaten einer Person untersagen, ein bestimmtes Gebiet innerhalb von Berlin zu betreten oder sich dort aufzuhalten, wenn Tatsachen die Annahme rechtfertigen, daß diese Person dort eine Straftat begehen wird.“ Das Aufenthaltsverbot soll zeitlich und örtlich auf den erforderlichen Umfang beschränkt werden. Eine zeitliche Obergrenze ist bislang nicht vorgesehen, erklärte die Sprecherin der Innenverwaltung.

Die Dauer des Platzverbotes werde sich nach dem Einzelfall richten, erläuterte der CDU-Abgeordnete Gewalt. Dies könne sich zwischen drei Tagen und drei Monaten bewegen. Er geht davon aus, daß sich das Platzverbot vor allem gegen vorbestrafte Täter richten wird, weil dort der Nachweis einer geplanten Straftat einfacher zu führen sei. Anwendbar sei das Platzverbot auch bei Demonstrationen. Gewaltbereite Störer seien zwar „nicht die Hauptzielgruppe“, aber „das gibt der Entwurf her“. Es sei durchaus denkbar, einzelnen Personen am 1. Mai für „neuralgische Punkte“ wie den Oranienplatz in Kreuzberg ein Platzverbot zu erteilen. Auch für Hooligans könne ein Aufenthaltsverbot verhängt werden.

Den Sinn des Platzverbotes sieht die SPD-Abgeordnete Heidemarie Fischer darin, daß ein Polizist einem Drogendealer, der immer wieder am gleichen Platz auftauche, nicht mehr täglich einen Platzverweis aussprechen müsse. Den Drogendealern würden damit ihre Geschäfte erschwert. Fischer räumte aber ein, daß ein solches Platzverbot zur Verdrängung an andere Orte führen könne. „Lösen wird man das Problem damit nicht.“ Sie betonte, die SPD habe darauf hingewirkt, daß das Platzverbot so eng wie möglich gefaßt werde. Die Polizei müsse das Verbot begründen. Es sei zudem gerichtlich anfechtbar. Platzverbote richteten sich nicht gegen Bettler und Obdachlose, so Fischer.

Unnachgiebig blieb die SPD bei zwei weiteren Gesetzesverschärfungen, die die CDU gefordert hatte. Eine Videoüberwachung von Kriminalitätsschwerpunkten lehnte sie ebenso ab wie die Verlängerung des Unterbindungsgewahrsams von einem auf vier Tage. Der „finale Rettungsschuß“ war nicht Gegenstand des dreistündigen Gesprächs. Die SPD will zunächst eine SPD-interne Expertenanhörung durchführen.

Die Grünen lehnen die Einführung eines Platzverbotes ab. Der Abgeordnete Norbert Schellberg kritisierte, daß damit der polizeilichen Willkür Tür und Tor geöffnet würde. „Wenn sich das Platzverbot über mehrere Monate erstreckt, kann dies nicht nach Belieben des einzelnen Polizisten verhängt werden.“ Schellberg hält ein Platzverbot für Drogendealer zudem für „ein stumpfes Schwert.“ Dorothee Winden