Neue Etappe im Tauziehen um VHS- und Bibliotheksstandort

■ Neues „Raumbuch“ konkretisiert Planung für Eigenbetriebe: Kulturbehörde hält an Umzugsdatum 2001 fest

„Zapfstellen Sanitärobjekte“, freut sich Barbara Lison-Ziessow, Chefin der Bremer Stadtbibliothek. „Klingt das nicht nach Dada?!“ Bremens Oberbibliothekarin ist in dieser Woche ein superdickes Buch vorgelegt worden: das Raumbuch für eine künftige Bremer Zentralbibliothek. Bis hin zu den Sanitäranschlüssen, den Lampen über den Lesepulten und dem Fußbodenbelag in der Ausleihe, haben Architekten in bunten Flächendiagrammen ausgebreitet, was eine moderne, zentrale Bibliothek braucht, um ihre KundInnen glücklich zu machen – und die Bedarfsliste für eine künftige Volkshochschulzentrale (VHS) haben sie gleich dazugestellt.

Barbara Lison-Ziessow und VHS-Chef Horst Rippien finden das gut. Seit zehn Tagen führen sie ihre Bildungsträger im Kulturres-sort als weitgehend selbständige Eigenbetriebe. Mit der Erstellung des Raumbuchs sei nun ein kleiner Arbeitsschritt in Richtung einer großen, zentralen Bremer Bil-dungseinrichtung gemacht – am liebsten mit Zentralbibliothek und VHS unter einem großen Dach.

„So weit waren wir noch nie“, sagt Barbara Lison: Anhand dieses Raumbuchs könne man nun von den bereits bekannten interessierten Investoren konkrete Angebote einfordern. Und auch Horst Rippien glaubt: „Das Kulturressort meint es ernst mit seinen Plänen.“ Bis 2001 soll die Zentralbibliothek ihr eigenes Haus haben, bestätigt diese Einschätzung Kulturstaatsrat Hans-Henning Zietz. Und auch den Wunsch der beiden Bildungseinrichtungen, in einem gemeinsamen Haus unterzukommen, unterstütze man bei der Kultursenatorin.

Offen aber ist weiterhin, in welchem Haus. Mit dem Verkauf des Wall-Polizeihauses an die Firma Zechbau habe der Senat sich doch schon festgelegt, heißt es aus gut unterrichteten Kreisen: „Die Firma Zechbau hat das Gebäude gekauft, weil ihr die Stadtbibliothek als potenter und zugkräftiger Mieter zugesichert worden ist.“ Die Würfel also seien längst gefallen: Nach dem Umzug der Polizei in ihr neues Polizeihaus in der Vahr soll Zechbau mit Stadtbibliothek und Einzelhandel für die Belebung der toten Zone zwischen Domshof und Goethetheater sorgen.

Nur für die Volkshochschule wäre nicht genug Platz in dieser Herberge. Und so wurde Ende vergangenen Jahres auf Staatsratsebene die Alternative diskutiert: Das riesige und derzeit leerstehende Postamt 5 am Bremer Hauptbahnhof, für das die Firma Weser-Bau Ende vergangenen Jahres ein Entwicklungskonzept mit integriertem Kultur- und Shoppingcenter vorgelegt hat. „Ein Gebäude“, so preist Weser-Bau-Chef Manfred Zimmermann sein Objekt, für das er bei der Post eine Kaufoption liegen hat, „in dem es nicht nur ausreichend Platz für alle gibt. Für eine zentrale Bibliothek gibt es hier mit 27 Bus- und Bahnlinien auch eine Verkehrsanbindung, von der man im Polizeihaus nur träumen kann.“

Kulturstaatsrat Zietz gesteht denn auch unumwunden zu: „Ich könnte mir vorstellen, daß wir im Postamt 5 unterkommen.“ Wenn auch die Pläne noch kräftig korrigiert werden müßten. Nachbesserungen fordert er unter anderem beim Raumkonzept: „Eine Stadtbibliothek auf vier Etagen – das ist nicht händelbar.“

Frage ist nur, wo das Geld herkommen soll. Kultursenatorin Kahrs (SPD) nämlich braucht Kooperationspartner im Senat, um den Bau ihrer Zentralbibliothek bezahlen zu können. „Aber der Wirtschaftssenator braucht für die Einzelhandelsgeschäfte im Polizeihaus die Stadtbibliothek als Publikumsmagnet“, vermutet Weser-Bau-Chef Zimmermann. Deshalb favorisiere man bei Wirtschaftssenator Hattig (CDU) das Zechbau-Objekt. Kaum vorstellbar, heißt es, daß sich unter diesen Umständen noch vor der Wahl ein Konsens finden läßt. Aber vielleicht steht der ja im nächsten Koalitionsvertrag.

ritz